Hefe
Hefen sind einzelliger Pilze die in der Produktion von Lebensmitteln wie Bier, Wein, Spirituosen, sowie einer Vielzahl biochemischer und therapeutischer Substanzen verwendet werden.
Einige Hefen verursachen Verderbnis von Futter und Lebensmitteln, andere haben medizinische Bedeutung - sie gehören zu den wichtigsten Mikroorganismen.
Als Eukaryoten sind Hefen (altgriechisch zyme, lateinisch fermentum) im Allgemeinen wesentlich größer als die weitaus meisten Bakterien und besitzen auch die typische Zellstrukturen der Eukaryoten. Als Pilze haben die Hefen (Abteilungen Ascomycota und gelegentlich Basidiomycota) beim Übergang zum Leben in flüssigen und halbfesten Substraten ihre Myzelstruktur verloren. Sie vermehren sich hauptsächlich asexuell durch Sprossung.
Der Begriff „Hefe“ (etymologisch von mittelhochdeutsch heve, althochdeutsch hevo, zu heben, eigentlich = Hebemittel) leitet sich von der Beobachtung der Gärung ab, insbesondere von der Gärung beim Brotbacken: Wie man so schön sagt, "geht der Teig auf".
Alkoholische Gärung
Die meisten Hefen sind fakultativ anaerob, also für die "Zellatmung" nicht auf Sauerstoff angewiesen. Bei Verfügbarkeit von Sauerstoff können sie ihn für einen oxidativen Energiestoffwechsel nutzen (aerobe Atmung): Sie können, wie die meisten anderen Zellen (Citratzyklus), zur Energiegewinnung verschiedene Zucker zu ATP, Kohlenstoffdioxid und Wasser oxidieren.
In Abwesenheit von Sauerstoff (= anaerob) können viele Hefen die Zucker nur zu niedermolekularen Stoffen, beispielsweise zu Alkohol und Kohlenstoffdioxid (alkoholische Gärung), abbauen.
Wird Luft durch das gärende Substrat geleitet, stellt die Hefe die Gärung ein und beginnt aerob zu "atmen".
Die Zuckeroxidation unter aeroben Bedingungen liefert mehr Energie als die Vergärung. Deshalb ist die Zellteilungsrate (Vermehrung, Wachstum) beim Zuckerstoffwechsel unter Sauerstoffverbrauch sehr viel höher als bei der anaeroben Gärung (Pasteur-Effekt).
Selbst bei Sauerstoffzugang beginnt die Hefe jedoch bei hohem Glucosegehalt in der Umgebung, diesen anaerob zu vergären (Crabtree-Effekt)
Hefen nutzen ein breites Spektrum an Kohlenhydraten (Zuckern).
Die obergärigen Stämme der Hefe Saccharomyces cerevisiae können Glucose, Fructose, Mannose, Galactose, Saccharose, Maltose, Maltotriose und Raffinose nutzen -jedoch nicht Pentosen wie Ribose, Xylose und Arabinose und auch nicht Cellobiose, Lactose, Inulin und Cellulose.
Die nah verwandte Art Saccharomyces diastaticus und die untergärigen Stämme der Bierhefe S. uvarum oder S. carlsbergensis nutzen außerdem Dextrine und Melibiose.
Backhefe
Die Herstellung von Hefebrot (später auch Kuchen) wurde bereits in der Antike betrieben. Dabei wird vorwiegend Saccharomyces cerevisiae verwendet. Diese Hefe führt eine alkoholische Gärung durch und produziert zahlreiche sekundäre Stoffwechselprodukte, die Geschmack und Aroma des Brotes bestimmen.
Der Alkohol verdunstet weitestgehend durch die Hitze beim Backen. Zusätzlich bilden sich im Teig Bläschen aus Kohlendioxid, die ihn aufgehen lassen und dem Brot nach dem Backen eine lockere, weiche Konsistenz verleihen.
Ein ähnlicher Effekt wird durch die Zugabe von Natron und Säure (meist Zitronensäure) zum Teig erzielt, jedoch ist der Geschmack und das Aroma des so hergestellten Brotes weniger ausgeprägt als bei Hefebrot.
Weinhefe
Hefen kommen natürlicherweise auf der Oberfläche von Weintrauben vor; sie sind oft als leichter Belag auf den Beeren sichtbar.
Typische Hefestämme sind Saccharomyces cerevisiae (Bierhefe oder auch Backhefe), Saccharomyces bayanus, Saccharomyces ellipsoides und Saccharomyces uvarum. Wichtigste Hefe bei der Weinherstellung ist Torulaspora delbrueckii.
S. cerevisiae zeichnet sich durch eine deutlich höhere Toleranz gegenüber Ethanol im Vergleich zu anderen Hefen aus. Dies führt in den meisten Fällen dazu, dass genau diese Spezies die Konkurrenz gewinnt und andere Spezies im Verlauf der Weinherstellung unterdrückt.
Milchsäurebakterien, beispielsweise Oenococcus oeni, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Reifung des bereits vergorenen Weins und tragen zu seinem Aroma bei. Zur Herstellung mancher Weine (z. B. Champagner) wird der bereits vergorene Wein einer zweiten Gärung in der Flasche unterzogen.
Bierhefe
Beim Brauen wird Getreide (meist Gerste) als Rohstoff verwendet. Es enthält viel Stärke, aber wenige für Hefe vergärbare Zucker. Daher wird die Stärke vor der Gärung hydrolysiert. Hierfür wird das Enzym Amylase eingesetzt, die das Getreide selbst während der Keimung produziert. Gekeimte Gerste wird Malz genannt. Das Malz wird gemahlen, mit Wasser vermischt und gekocht, wodurch Würze entsteht, die anschließend mit Hefe vergoren wird. Dieses Verfahren wird u.a. bei der Herstellung von Bier und Whiskey angewendet.
Man unterscheidet zwischen untergäriger und obergäriger Hefe (diese Klassifizierung wurde vom Dänen Emil Christian Hansen eingeführt).
Obergärige Hefen (z. B. Saccharomyces cerevisiae) bilden einen Schaumfilm auf der Oberfläche der Würze, bevorzugen Temperaturen von 14–25 °C (daher wird die Obergärung auch als Warmgärung bezeichnet) und vertragen höhere Alkoholkonzentrationen.
Untergärige (kalte) Hefen ( Saccharomyces uvarum, Saccharomyces carlsbergensis) entwickeln sich optimal bei 6–10 °C und setzen sich am Boden des Gärbehälters ab.
Torulaspora delbrueckii wird häufig bei der Herstellung von Weizenbier verwendet. Bei der Produktion des belgischen Lambic werden Hefen verwendet, die auf natürliche Art in den Gärbehälter gelangen und üblicherweise zur Gattung Brettanomyces gehören.
Hinweis: der Hopfen dient "nur" dem Geschmack und der Haltbarkeit des Bieres, nicht aber der Gärung.
Reinzuchthefen
Reinzuchthefen enthalten genau einen Hefestamm. Dieser wurde für ein bestimmtes Einsatzgebiet gezüchtet und optimiert. Die Reinzuchthefe ist frei von Verunreinigungen wie Schimmelpilzen, Bakterien usw.
Bei den natürlichen Hefen, die auf Früchten etc. vorkommen, handelt es sich immer um ein Gemisch von verschiedenen Hefearten. Welche Hefeart sich bei der Gärung letztlich durchsetzt, ist daher ungewiss. Von daher wird eine geeignete Reinzuchthefe ausgewählt um die Gärung nicht dem Zufall zu überlassen.
