Südpazifik

Südpazifik

Der Weinbau in dem Inselstaat im Südpazifik ist über die beiden Inseln neuseelands verteilt. Die bedeutendsten Anbaugebiete finden sich - von Norden nach Süden betrachtet - rund um die neuseeländische Hauptstadt Aucköland auf der Nordinsel, südlich der Stadt Hamilton in der Provinz Waikato, in der Bay of Plenty, rund um die Stadt Gisborne im Osten der Nordinsel, in der Hawke's Bay und in Wairapa im Bezirk Wellington südlich der Stadt Martinborough. Zudem finden sich noch im äußersten Norden in der Provinz Northland, wo der neuseeländische Weinbau im 19. Jahrhundert begann, einige kleine Rebflächen. Auf der Südinsel beschränken sich die Anbauflächen für die Reben auf die Provinz Marlborough, wo sich die Weinberge nahe der Mündung des Flusses Wairau an der Ostküste befinden, auf Nelson am Nordrand der Insel, und auf die hügelige Landschaft von Canterbury um die Stadt Christchurch.

Zudem gibt es noch ein recht kleines Weinbaugebiet im südlichen Zentrum der lnsel am Zusammenfluss von Clutha und

Kawarau in der Provinz Otago, auf Grund seiner zentralen Lage auch Central Otago genannt. Die Landfläche der neuseeländischen Inseln beträgt zusammen rund 270.000 Quadratkilometer. Sie liegen viel weiter südlich als die Weinbauregionen Argentiniens, Chiles, Südafrikas und Australiens - der 40. südliche Breitengrad, der analog zum 50.Breitengrad auf der Nordhalbkugel als Klimagrenze für den Weinbau gilt - verläuft durch die Nordinsel Neuseelands.

Gespiegelt am Aquator, entspricht die Lage der Nordinsel ungefähr der des spanischen Festlands um Madrid, des südlichen Teils ltaliens und des griechischen Festlandes. Der Weinbau im äußersten Süden Neuseelands - in Central Otago - findet also spiegelbildlich auf dem gleichen Breitengrad wie der Anbau an der burgundischen Cöte d'Or statt, der äußerste Norden Neuseelands entspricht in etwa dem Breitengrad des andalusischen Sherry-Gebietes oder der Anbauflächen in Nordafrika.

Weinregionen in Neuseeland

Die Klimabedingungen sind hier demnach bedeutend kühler, der Weinbau also in Richtung der Randbereiche verschoben, denn in Auckland ist es weder so warm wie in Jerez de la Frontera, noch kann Central Otago hinsichtlich der Klimadaten mit dem Burgund konkurrieren. Während der Weinbau in Europa vom günstigen Einfluss des warmen Golfstroms profitiert, wird die Ostküste Neuseelands von eisigen Meeresströmungen gekühlt, die ihren Ursprung in der nur 2000 Kilometer entfernten Antarktis haben. An den westlichen, der Tasmanischen See zugewandten Küsten Neuseelands wirken sich hingegen warme Meeresströmungen aus, die aus der tropischen Südsee stammen.

Das Klima ist entsprechend der Lage Neuseelands gemäßigt, wobei der Norden etwas

wärmer als der Süden ist, der Westen feuchter als der Osten der lnseln. Längs der Südinsel verlaufen die Southern Alps, die Neuseeländischen Alpen, die in dem 3764 Meter hohen Mount Cook ihre höchste Erhebung finden. Dieser Gebirgszug teilt die Südinsel in einen feuchten Westteil und einen trockenen Ostteil. Der Weinbau beschränkt sich weitestgehend auf den Osten der Insel, lediglich die Weinbaugebiete Central Otago und Nelson befinden sich nicht an der relativ trockenen Ostküste. Auf der Nordinsel findet sich zwar keine mit den Südlichen Alpen vergleichbare Gebirgskette, doch im Zentrum der Insel erhebt sich der 2797 Meter hohe Mount Ruapehu aus einer Asche- und Lavawüste, die sich inmitten der hügeligen Weidelandschaft befindet. Hier ist der Weinbau mit Ausnahme von Auckland ebenfalls auf den Osten der Insel beschränkt.

Von den neun größeren Weinbaugebieten Neuseelands sind acht einem maritimen Klima ausgesetzt, das frische und kühle Meeresluft bringt und eine Milderung der Temperaturschwankungen bewirkt. In Central Otago, wo die Reben im Landesinneren stehen, herrscht dagegen ein gemäßigtes kontinentales Klima, in dem es zwischen Sommer und Winter größere Temperaturschwankungen gibt. Die klimatischen Unterschiede zwischen dem nördlichen und dem südlichen Rand Neuseelands machen sich in den regional unterschiedlichen Vegetationsstufen der Reben und vor allem im Zeitpunkt der Traubenreife bemerkbar. In Northland, der äußersten nördlichen Provinz Neuseelands, wird der früh reifende Chardonnay bereits im frühen März geerntet.

In Central Otago, der südlichsten Weinbauregion des Landes, beginnt die Ernte der gleichen Sorte dagegen erst Mitte

April. Knapp sechs Wochen beträgt also die klimatisch bedingte Reifungsdifferenz der Beeren zwischen Nord-und Südspitze Neuseelands. Das kühlere Klima der Südinsel bringt zudem weit reifere, farbintensivere und kraftvollere Chardonnays hervor als der Norden, in dem die Weine weicher und fruchtiger sind. Auf der Ostseite der Inseln sowie in Central Otago sind die Sommermonate derart trocken, dass die Winzer kaum ohne künstliche Bewässerung ihrer Rebpflanzen auskommen.

Die Geschichte des Weinbaus in Neuseeland

Der Anbau von Trauben begann in Neuseeland um 1819, als britische Missionare und Siedler die ersten Reben aus Australien mitbrachten und sie im äußersten Norden der Nordinsel anpflanzten. Die ersten Weine wurden nachweislich 1835 von James Busby abgefüllt, dem britischen Gouverneur, der damit den neuseeländischen Weinbau begründete. Schon bald erkannten viele europäische Siedler die Möglichkeiten, hier gute Weine erzeugen zu können, doch gab es keinen rechten Markt dafür denn die meisten Siedler tranken viel lieber Bier. Auch der Weinbau Neuseelands entging den großen Plagen des 19. Jahrhunderts nicht.

1876 fiel der Echte Mehltau über die neuseeländischen Weinberge her und bereitete das Feld für die Reblaus, die

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knapp 20 Jahre später 1895, in den Inselstaat kam und die Reste der Weinberge vernichtete. Ein ebenso großer Feind des Weinbaus war die in der Neuen Welt sehr verbreitete religiös motivierte Kampagne gegen Alkohol, die sich mit ihren Forderungen nach Mäßigung im Alkoholkonsum in Neuseeland so weit durchsetzen konnte, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur Hotels Wein an ihre Kunden abgeben durften. Die Abfüllung auf Flaschen war nicht erlaubt. Eine allgemeine Prohibition konnte 1919 nur mit den Stimmen der aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrenden Soldaten verhindert werden.

Seit 1948 ist der Verkauf von Flaschenwein durch spezielle Geschäfte erlaubt, und im Jahre I960 wurde den Restaurants das Recht zugestanden, an ihre Gäste Wein zu verkaufen. 1976 wurde dann die "Bring-Your-Own"-Lizenz (BYO) eingeführt, die den Gästen von Restaurants gestattet, gegen geringes Entgelt ihren eigenen Wein zum Essen mitzubringen. Der Verkauf von Wein und Spirituosen blieb noch bis Anfang der 1990er-Jahre verpönt, erst dann erhielten Supermärkte die Erlaubnis, Wein zu verkaufen. Zugleich aber förderte der Staat schon ab den 1970er-Jahren den Anbau von Reben, um den Bauern eine neue wirtschaftliche Grundlage zu sichern. So stiegen die Anbauflächen in den vergangenen 25 Jahren stark an.

Zu den traditionell erzeugten gespriteten Weinen, die als "Sherry" oder "Port" angeboten wurden, gesellten sich zunächst zunehmend Tischweine von mit zunehmendem Alter der Rebbestände ständig steigender Qualität. Die nach der Reblauskatastrophe bevorzugt gepflanzten Hybridreben wurden großflächig wieder ausgehauen und durch europäische Edelreben ersetzt, sodass heute vor allem Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Chardonnay, Müller-Thurgau, Riesling und Sauvignon Blanc im Anbau stehen.

Die neuseeländischen Weine haben trotz einer im Weltmaßstab gesehen insgesamt recht geringen Ertragsfläche von

rund 12.500 Hektar vor allem deshalb ihren Weg in die europäischen Weinhandlungen gefunden, weil sie heute mit einer sehr hohen Qualität und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis auf den Markt kommen. Da die meisten Weine als Sortenweine abgefüllt werden, fällt es dem Weinkonsumenten leicht, gleich auf dem Etikett zu erkennen, um welchen Weintyp es sich bei dem entsprechenden Gewächs handelt.

Zudem enthalten die meisten Etiketten nach lrritationen in der Vergangenheit heute eine Deklaration der geographischen Herkunft der Weine. So hat der neuseeländische Gesetzgeber ab 1983 verstärkt darauf geachtet, dass verbindliche Normen zu Transparenz, Qualitätssteigerung und Verbraucherinformation eingeführt wurden, die im Kern besagen, dass ein als sortenrein etikettierter Wein zu mindestens 75 Prozent aus der angegebenen Rebsorte gekeltert werden muss. Verschnitte müssen die Sorten in der Reihenfolge ihres Mengenanteils anzeigen. Zudem finden sich auf dem Etikett die üblichen Angaben wie der Jahrgang des Lesegutes, der Erzeuger und die Menge des Flascheninhalts.

Auf vielen, aber lange nicht auf allen neuseeländischen Weinen ist zudem vermerkt, aus welchem Weinbaugebiet die Weine stammen; meist ist das Gebiet dann angegeben, wenn der Wein aus Trauben bereitet wurde, die aus einer der bekannteren Gegenden stammen wie Marlborough oder Hawke's Bay. Die Qualitätsverbesserungen der Weine haben zu einer großen Nachfrage nach neuseeländischen Weine geführt, die wiederum eine massive Ausweitung der Anbauflächen und eine enorme Steigerung in der gekelterten Menge zur Folge hatte. So stieg die Ertragsfläche allein in den vergangenen zehn Jahren um gut 4500 Hektar auf insgesamt knapp 12.500 Hektar, und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.

Heute gibt es auf den beiden Inseln Neuseelands knapp 400 Weingüter, und nahezu jede Woche kommt ein neues

Weinbau treibendes Unternehmen hinzu - sowohl reine Traubenanbauer und reine Kellereien, die angekauftes Lesegut vinifizieren, als auch "echte" Weingüter, die beide Produktionsschritte in einer Hand vereinigen.

Die Rebsorten

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Unter den über 25 Rebsorten. die im fernen Neuseeland kultiviert werden, wurde der Sauvignon Blanc zum durchschlagenden Erfolg. Die besten Weine Neuseelands sind in der Regel die aus dieser Sorte ezeugten Weißweine. Sie waren es, die die übrige Welt aufhorchen ließen und den Blick darauf lenkten, dass in Neuseeland überhaupt Wein ezeugt wird. Den Sauvignon-Blanc-Weinen hat Neuseeland seinen Aufstieg in die "Erste Liga" der Weinenerzuger zu verdanken. Aber auch aus Pinot Noir, Chardonnay, den roten Bordeaux-Sorten Cabernet Sauvignon und Merlot werden international konkurrenzfähige, anerkannte und in ihren Spitzen überragende Weine ezeugt. Riesling wird ebenfalls mit großem Erfolg angebaut, allerdings ist die Rebfläche zurzeit noch zu klein, um die Welt mit den edlen Weinen beliefern zu können.

Zunehmend erfreuen sich auch neuseeländische Schaumweine internationaler Anerkennung, die nach dem Champagne-

Rezept aus Chardonnay und Pinot Noir verschnitten und nach der "Methode traditionelle" in der Flasche vergoren werden. Cabernet Sauvignon ist die Rebsorte der Nordinsel. Die Sorte wird in Auckland, in der Bay of Plenty, in Gisborne und in der Hawke's Bay angebaut. Merlot wächst vor allem auf der Nordinsel in den Weinbauregionen rund um Auckland.

Beide Sorten ergeben im gemäßigten Klima Neuseelands feinere und elegantere Weine, als man sie sonst aus der Neuen Welt gewohnt ist. Damit kommen sie ihrem Vorbild. den feinen Rotweinen aus dem Medoc, näher als die meisten ähnlichen Gewächse aus Kalifornien, Chile, Argentinien, Südafrika und Australien. Pinot Noir wird vornehmlich im
Süden der Nordinsel - im Anbaugebiet Wairarapa bei Martinborough - sowie auf der Südinsel kultiviert. Er findet hier oftmals ideale, eher kühle Reifebedingungen und kannexzellente Weine liefern. Doch insgesamt ist Neuseeland heute international anerkanntes Spitzenweißwein-Land: Chardonnay ist über beide Inseln vefteilt.

Diese Rebsorte ist inzwischen typisch für Neuseeland und füllt die meisten Rebflächen.

Vom hohen Norden der Nordinsel bis zum äußersten Süden der Südinsel findet sie ihren Platz auf den Weinbergen und bringt - je nach Herkunft -sehr unterschiedliche Weine hervor.

Riesling findet sich in Nelson, Canterbury und Wairarapa. lm Norden um Auckland finden sich noch Reste einer aussterbenden Müller-Thurgau-Generation. Die Top-Rebsorte ist jedoch der Sauvignon Blanc, der insbesondere in Marlborough Weißweine von Weltklasse hervorbringt, die selbst die besten Sauvignon-Weine von der Loire auf eine harte Probe stellen können.