Rioja

Rioja

Schon vor mehr als 3000 Jahren segelten phönizische Händler vom Mittelmeer aus den Ebro hinauf und brachten die ersten Weinreben nach Nordspanien. Sie gediehen besonders gut im Tal des Rio Oja, eines kleinen Nebenflusses des Ebro, dem die Rioja ihren Namen verdankt. Der Boom im Handel mit England, der den andalusischen Weinbaugebieten zeitweilig großen Wohlstand brachte, ging an der Rioja weitgehend vorbei. Auch die Versuche, von der Versorgung der Truppen in der Neuen Welt zu profitieren, schlugen einigermaßen fehl.

Die Fässer mit Rioja-Wein damals wurde in der Rioja übrigens vorwiegend Weißwein erzeugt waren regelmäßig

umgeschlagen, wenn die Schiffe nach ihrer mehrwöchigen Fahrt quer über den Atlantik in ihren Bestimmungshäfen ankamen. Der Wein aus der Rioja war damals eben ein durch und durch bäuerliches Produkt: dünn, alkoholarm und ohne besondere Finessen. Der "moderne" Rioja-Wein wurde dann am Ende des 18. Jahrhunderts geboren, als ein Mann namens Manuel Quintano ein paar besonders engagierte Winzer dazu brachte, sich mit den fortschrittlichen Produktionsmethoden aus Bordeaux vertraut zu machen.

Daraufhin begann man die Trauben vor dem Gärprozess zu entstielen, führte die Gärung in Holzfässern und den anschließenden sorgfältigen Abstich vom Geläger ein und füllte den Jungwein zur weiteren Reifung in geschwefelte Holzfässer von ca. 1000 Litern Fassungsvermögen. 1795 verließ dann der Frachter "Navidad" den Hafen von Santander mit dem Ziel Westindien. Als er seinen Bestimmungshafen schließlich erreichte, präsentierte sich der Wein in einwandfreiem Zustand.

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Ein weiterer Pionier des Rioja-Weines war Luciano de Murrieta, der in der Bodega des

Duoue de la Victoria um 1850 für den Ausbau der Weine kleine Fässer mit einem Fassungsvermögen von nur 72 Litern verwendete. Dabei entstanden die ersten Rioja-Weine, die auf breiter Front als feingelobt wurden. Zum Dank für seine Leistungen adelte man ihn zum Marques de Murrieta - bis heute eine der ersten Adressen in der Rioja. Als Reaktion auf den großen Erfolg der "neuen" Riojas holte man den französischen Önologen Jean Pineau ins Land, der schließlich für Don Camilo Hurtado de Amezaga, den Marques de Riscal, in Elciego eine moderne Bodega nach französischem Vorbild plante und errichtete.

Einen kometen haften Aufstieg erlebte die Rioja dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei kam ihr die große französische Mehltau- und Reblauskatastrophe ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Hilfe, die überall nördlich der Pyrenäen die Weinberge vernichtete. Nach wenigen Jahren waren die Erträge in Frankreich durch die Verwüstungen zuerst des Mehltaus und dann der Reblaus bereits um zwei Drittel gesunken. Nun begannen sich die Franzosen um ihre Versorgung mit dem edlen Rebensaft ernsthafte Sorgen zu machen. Schon bald kamen Scharen von französischen Weinhändlern in das Ebrotal und ließen die Absatzmengen der spanischen Erzeuger in ungeahnte Höhen steigen.

In diesen Jahren exportierte die Rioja monatlich mit über 500.000 Hektolitern fast doppelt soviel Wein wie heute in

einem ganzen Jahr. Den absoluten Rekord stellte das Jahr 1891 dar, als beinahe 10 Millionen Hektoliter Wein ausgeführt wurden - nur die Winzer der Rioja wussten damals wohl, woher große Mengen dieses Weins wirklich kamen. Zur Verhinderung von Panschereien und zum Schutz des Renommees wurde damals dann der Alambrado eingeführt, ein dünnes Drahtgeflecht das die Flaschen vor Verfälschungen ihres Inhaltes schützen sollte. Aus dieser Zeit stammen die strengen Kontrollmechanismen, die heute vom Consejo Regulador wahrgenommen werden.

Dieser gibt sich in Bezug auf die gesetzlichen Bestimmungen äußerst konservativ und sehr streng. Wer die vorgeschriebenen Höchsterträge von 50 Hektolitern pro Hektar beim Rotwein und 60 Hektolitern pro Hektar beim Weißwein überschreitet, wird hart bestraft und muss im Extremfall mit der Vernichtung seiner Ernte rechnen. So ist es kein Wunder, dass die allermeisten Erzeuger diese Grenze strikt einhalten oder sogar unterschreiten, was wiederum der Qualität der Weine sehr zugute kommt.

Pionierzeiten

Während die Exportmengen stiegen, wurde auch die Qualität der Riojaweine entscheidend verbessert. Unterstützt von Fachleuten aus Bordeaux, führten die spanischen Erzeuger deren Produktions-methoden ein. Das bedeutete eine strikte Ertragsbegrenzung, den Verschnitt mehrerer Rebsorten sowie eine längere Reifung und Lagerung der Weine in kleinen 22S-Liter-Eichenholzfässern, den "Barricas". Schon bald gewannen die "neuen" Rioja-Weine allerhöchste internationale Auszeichnungen. Dieser Boom ließ schlagartig viele neue Bodegas entstehen, darunter so ruhmreiche Namen wie Löpez de Heredia Vina Tondonia, Muga, Berberana, La Rioja Alta und Riojanas.

Viele von ihnen siedelten sich im Bahnhofsviertel der geschäftigen Kleinstadt Haro an, die dadurch zum Zentrum des

Weinbaus in der Rioja wurde. Auch wenn die meisten Bodegas heute in größere, moderne Gebäude außerhalb der Stadt umgezogen sind, zeugen noch immer die eindrucksvollen Jugendstilgebäude im Bahnhofsviertel von jener stürmischen Zeit des Aufbruchs. Für den an Wein interessierten Spanientouristen besonders schön: Die meisten Bodegas sind an bestimmten Tagen für Besucher geöffnet. Oftmals finden sogar deutsch-sprachige Führungen statt.

Klima und Böden

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Die Rebgärten der Rioja beginnen zehn Kilometer flussaufwärts der geschäftigen kleinen Weinmetropole Haro. Sie ziehen sich 120 Kilometer flussabwärts des Ebro und enden schließlich zehn Kilometer hinter dem Städtchen Alfaro. Insgesamt umfassen sie knapp 50.000 Hektar, das entspricht ungefähr der Hälfte des gesamten deutschen Reblandes. Die klimatischen Bedingungen innerhalb des riesigen Weinbau-gebietes sind sehr unterschiedlich. Bei kühlen bis mittleren Temperaturen gibt es im Norden unter atlantischen Einflüssen oftmals leichten Nebel oder sogar Nieselregen. Nach Süden hin wird es immer wärmer, und in der stärkeren mediterranen Einflüssen unterliegen den staubigen Kleinstadt Alfaro an der Südgrenze der Rioja herrscht unter blauem Himmel meistens glühende Hitze.

Diesen verschiedenen Klimazonen hat die halbstaatliche spanische Weinbau-Aufsichtsbehörde, der Consejo Regulador,

durch die Einteilung der Rioja in die drei Bereiche Rioja Alta, Rioja Alavesa und Rioja Baja Rechnung getragen. Auf Grund der klimatischen Bedingungen kann die Qualität der Jahrgänge vor allem in der Rioja Alta und der Rioja Alavesa recht unterschiedlich sein. Allerdings fallen die Schwankungen geringer aus als etwa in Bordeaux, im Burgund oder in den deutschen Anbaugebieten. Wirklich schlechte Jahrgänge sind hier äußerst selten.

Die Bereiche

Die Rioja Alta ("obere Rioja") erstreckt sich südlich des Ebro bis hinter Logrono und umfasst zudem das Seitental des Rio Oja. Auf einer Höhe zwischen 400 und 600 Metern über dem Meeresspiegel entstehen hier auf kreide- und eisenhaltigen Lehmböden die meisten Spitzenweine der Rioja. Die besten Gewächse sind niemals schwer und dazu sehr elegant und vornehm. Gegenüber der Rioja Alta, nördlich des Ebro, liegen in der baskischen Provinz Alavaan den Abhängen der Sierra de Cantabria die Weinberge der Rioja Alavesa. Auf den kalkhaltigen Böden entstehen körperreichere Gewächse als in der Rioja Alta. Sie stehen diesen an Feinheit und Eleganz in nichts nach, reifen jedoch etwas schneller.

Die Weine der Rioja Alavesa werden meist in Burgunderflaschen abgefüllt, um den gehaltvolleren Typ dieses

Riojaweins zu kennzeichnen. Beide Bereiche werden von atlantischen Klimaeinflüssen beherrscht: Die Winter sind hart, aber kurz. Häufig kommt der Schnee aus den umliegenden Bergen bis ans Flussufer hinunter. Frühling und Sommer sind mild und feucht, der Herbst ist sonnig und trocken. In der sich weiter flussabwärts anschließenden Rioja Baja ("untere Rioja") herrschen bereits mediterrane Klimaeinflüsse vor.

Heiße, trockene und lange Sommer lassen hier auf lehmigen und sandigen Böden schwerere, alkoholreichere und robuste Weine entstehen. In der Regel erreichen sie nicht ganz die Feinheit und Eleganz der besseren Gewächse aus der Rioja Alta und der Rioja Alavesa, können dies aber mit ihrer Kraft wettmachen. Viele Moste aus der Rioja Baja werden auch zu Verschnittzwecken in die beiden anderen Bereiche geliefert.

Die Rebsorten

Nur drei rote Rebsorten sind heute für die Rotweinerzeugung in der Rioja von größerer Bedeutung. Die wichtigste ist die kleinbeerige Tempranillo-Traube, die vor allem in der Rioja Alta und der Rioja Alavesa ausgezeichnete Ergebnisse hervorbringt. Tempranillo-Weine sind säure- und tanninreich, oxidationsresistent und damit sehr alterungsfähig.

Sie zeichnen sich zudem durch einen moderaten Alkoholgehalt aus.

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In ihrer Bedeutung für die Rotweine folgt an zweiter Stelle die Garnacha-Traube, die am besten in der Rioja Baja gedeiht. Sie liefert einen blassroten, weniger tanninreichen Wein als der Tempranillo und spielt qualitativ nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich bei den fruchtigen Roseweinen ist sie die Hauptsorte. Nur von den Spitzenerzeugern wird der sehr dunkle und tanninreiche Mazuelo verwendet. In jüngster Zeit gewinnt der Cabernet Sauvignon auch in der Rioja einige Bedeutung. Die meisten großen Bodegas haben einige Hektar Cabernet Sauvignon -wie auch Merlot - seit langem im Versuchsanbau und bringen deren Moste in ihre Prestige-Cuvees ein, die in jüngster Zeit unter dem Konkurrenzdruck der Weine aus Ribera del Duero vermehrt entstanden sind.

Die heute fast ausschließlich fruchtigen und säurebetonten Weißweine werden aus der Viura-Traube erzeugt, die außerhalb der Rioja als Macabeo bekannt ist. Die frischen, blumigen Weine eignen sich nicht für eine längere Lagerung, sondern sind für den baldigen Genuss bestimmt. Die herausragenden, im Eichenfass gereiften weißen Riojas bestehen hingegen zu einem bedeutenden Anteil aus der Malvasia-Traube. Sie wird hier bereits seit dem Altertum hoch geschätzt und verleiht den Weißweinen Aroma, Alkoholstärke und gelegentlich sogar eine gewisse Öligkeit.

Die Weine

Angefangen von fruchtigen, jung zu genießenden Weinen wie Cosecha oder Crianza bis hin zu länger gelagerten Reservas und Gran Reservas hat die Rioja eine ganze Palette an Stilen zu bieten. Die besten roten Riojas reifen sehr langsam und erreichen im Alter eine außerordentliche Feinheit, sodass man sie zuden großen Rotweinen der Welt zählen muss. Gran Reservas aus Spitzen-Jahrgängen und von zuverlässigen Erzeugern haben auch nach 25 Jahren noch nichts von ihrer Lebendigkeit eingebüßt. Viele Bodegas füllen ihre Reservas und Gran Reservas erst nach jahrelanger Fasslagerung und unter strenger Aufsicht des Consejo Regulador auf Flaschen.

Doch über die Dauer der Fassreife ist in den letzten Jahren eine Diskussion entbrannt, die die Weinwelt der Rioja nicht

unerheblich verändert hat. So ist eine übertrieben lange Fasslagerung für die meisten Weine eigentlich eher ungeeignet und bringt Gewächse hervor, die ihre Frucht verloren haben und nur noch nach Holz schmecken. Bei den Spitzengewächsen hingegen verliert sich der Holzgeschmack mit zunehmender Reife und weicht jener Feinheit und Eleganz, für die edelste Riojaweine weltberühmt sind.

Allerdings bindet die lange Lagerung der Weine große Mengen Kapital, die für wichtige Investitionen und Modernisierungs-maßnahmen der Bodegas dringend benötigt werden. Unbestritten geht der Trend heute zu kürzerer Fass- und längerer Flaschenlagerung, wodurch die Weine früher genussreif werden, fruchtiger ausfallen und sich in der Flasche noch verfeinern können. So kann man sie auch früher auf den Markt bringen. Viele rote Riojas werden auch gar nicht im Holzfass gealtert, sondern direkt im Jahr nach der Ernte auf Flaschen gezogen.

Auch diese frischen, fruchtigen Weine können von überragender Qualität sein.

Oftmals ist das Preis-Leistungs-Verhältnis bei diesen Weinen sogar am günstigsten. Fassgereifte Weißweine muss man mittlerweile mit der Lupe suchen. Allerdings werden diese oft oxidativen Gewächse auch immer weniger gefragt doch experimentieren einige fortschrittliche Bodegas mit der Fassvergärung und anschließendem kürzerem Fassausbau, wodurch ein ganz neuer Stil entstanden und eine neue Interpretation des Verhältnisses von weißem Rioja mit Eichenholz gelungen ist.

Die dem heutigen Publikumsgeschmack viel eher entsprechenden, im Stahltank ausgebauten Weißweine sind zumeist säurebetont, spritzig und leicht. Die Roseweine der Rioja ähneln stark denen aus der Navarra. Besonders exotisch, allerdings auch absolute Raritäten sind die von einigen sehr traditions-bewussten Bodegas noch erzeugten Roseweine mit Fassreife.

Rioja: DOCa

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Seit 1991 steht Rioja die neue Über-DO Denominación de Origen Calificada zu, die "qualifizierte Herkunftsbezeichnung". Sie bietet dem Verbraucher wie die DOCG in Italien eine zusätzliche Garantie, dass er Qualität bekommt. In der Praxis schlug sich ihre Einführung in einem Versiegen von Massenware nieder, denn alle Rioja-Weine werden nun im Anbaugebiet abgefüllt. Kurzfristig scheinen also tatsächlich wesentlich weniger Billigprodukte mit dem Rioja-Siegel in Umlauf gebracht worden zu sein. Das charakteristische Merkmal traditioneller Riojas ist der lange Ausbau in Fässern. Er verleiht den Weinen, ob rot oder weiß, einen unverkennbar vanilleartigen Duft und Geschmack. Die besten Vertreter stecken mit ihrer konzentrierten reifen Frucht erstaunlich viel von dieser Eichennote weg.

Schwächere Ausgaben allerdings verlieren ihre fruchtige Süße und geraten trocken und eintönig.

Mittlerweile aber ändert sich sogar der spanische Geschmack, der seit jeher an den langen Holzausbau gewöhnt war. Die meisten traditionellen Roten haben nach wie vor einen Markt, doch er schrumpft, denn jüngere Weinfreunde bevorzugen eindeutig reichere, süffigere Tropfen. Viele traditionelle Bodegas haben ihren Erzeugnissen still und heimlich einen moderneren Anstrich gegeben, um ihre Klientel nicht zu verprellen. Sie füllen früher ab, verkürzen den Fassaufenthalt und führen modernere Cuvées ein, die jedermann zufriedenstellen. Wenn man regelmäßig traditionell bereitete Weine trinkt, erkennt man den Unterschied von einem zum anderen Jahr nicht, doch stellt man Jahrgänge mit einem Altersunterschied von zehn Jahren dagegen, fällt einem die Veränderung auf.

Drei Viertel der Gesamtproduktion sind rot. Eine typische Bodega in Rioja offeriert einige oder alle der folgenden Stile.

Vinos Blancos

Weißweine werden normalerweise sehr trocken bereitet und stammen überwiegend von Viura alias Macabeo, die gelegentlich durch Malvasía oder Garnacha blanca ergänzt wird. Sie sind von guter Qualität und oxidieren nicht leicht. Werden sie traditionell bereitet, haben sie einen nur geringen traubigen Einschlag, sind aber oftmals sehr angenehm strukturiert und ausgewogen. Bessere Weiße reiften früher drei bis zwölf Jahre in alten Eichenfässern. Herausragende Versionen dieser Reserva- Weine bleiben hell zitronengelb und bewahren eine erstaunliche Frische, Rundheit und Kraft hinter einer großartigen Wolke aus Eichenduft. Man kann sie durchaus mit den besten alten Graves- Jahrgängen vergleichen. Leider wird dieser höchst eigenständige, wenn auch zugegebenermaßen sehr altmodische Stil zunehmend von frischen, spritzigen Weißen verdrängt. Nur wenige Weinfreunde sind sich bewusst, was da verloren geht.

Viele Bodegas erzeugen inzwischen alle oder einen Teil ihrer Weißweine durch lange, langsame Gärung mit sofortiger

Abfüllung, um die primären Traubenaromen in ihrer ganzen Frische einzufangen. Köstliche Vertreter dieses Stils liefert die Viura, die eventuell sogar von einer Ruhephase in der Flasche profitieren. Gleichzeitig gehen zahlreiche Kellereien Kompromisse in Form halbmoderner, kalt vergorener Weißer mit nur kurzem Eichenkontakt ein.

Süßer weißer Rioja gelingt nur selten. Edelfäule stellt sich in dem trockenen Hochland nur schwer ein und überreife Trauben sind einfach nur teilrosiniert. Gleichwohl haben außergewöhnliche Jahrgänge schon delikate, aromatische Dessertgewächse von scheinbar endloser Haltbarkeit hervorgebracht.

Vinos Rosados

Rosé fällt, wenn er nach gängiger Art bereitet wird, meist trocken und blass aus. In Eiche schickt man ihn nicht.

Vinos Tintos

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Viele Bodegas nennen heute alle ihre Roten tinto. Früher unterschied man nach clarete, hellen, relativ leichten, in Bordeaux-Flaschen abgefüllten Roten, und tinto oder borgoña in Burgunderflaschen. Ein tinto im früheren Sinne ist ein wesentlich dunklerer, fruchtigerer, körperreicherer und alkoholstärkerer Wein. Sowohl tintos als auch claretes entstehen aus der dominierenden Tempranillo, der üppigen, aromatischen Graciano und der alkoholischen Garnacha tinta (die Grenache von der Rhône), oft auch mit etwas Mazuelo (oder Cariñena). Cabernet Sauvignon wird als experimentelle Traube gesehen, ist aber gelegentlich ebenfalls mit von der Partie. Außerdem findet man noch reinsortige Tempranillo-Weine.

Alle Stile werden auch als Reserva oder Gran Reserva ausgebaut, die besten Rioja-

Interpretationen findet man jedoch unter den tintos, die einem Fassausbau eher standhalten, ohne dünn zu werden. Sie verlieren dabei zwar an Duftigkeit, reifen aber in der Flasche zu herrlicher Samtigkeit heran. Alle Weine werden entweder joven, "jung", also ohne Eichenausbau, oder con crianza abgefüllt. Ein vino de crianza muss mindestens zwölf Monate in barricas, 225-Liter-Fässern, ausgeharrt haben. Reservas sind ausgewählte, mindestens drei Jahre alte Weine, die ein Jahr in barricas verbracht haben. Mittlerweile kann jeder vorgeschriebene Fassaufenthalt durch die doppelte Zeit in der Flasche ersetzt werden. Eine weiße Reserva liegt wenigstens sechs Monate in Eiche.

Eine Gran Reserva gelangt erst nach fünf Jahren in den Verkauf. Davon muss sie zwei Jahre im Fass oder doppelt so viel Zeit in der Flasche absolviert haben. Man hat die Ausbauzeiten in den letzten Jahren stark zurückgeschraubt, was dem veränderten Geschmack zuzuschreiben ist. Renommierte Bodegas werden natürlich nur Weine hoher Qualität zu Reservas und Grandes Reservas ausbauen. Einige wenige angesehene Erzeuger halten unbeirrbar an den Traditionen fest und bereiten gute, aber recht ausgewaschene Gewächse, doch sind einst innovative Verfahren heute gang und gäbe. In vielen Betrieben steht französisches neben amerikanischem Holz, und nicht wenige Fässer sind aus neuer Eiche.

Auch achtet man mehr als früher auf die Qualität der Frucht sowie auf niedrige Erträge und reifere Trauben.

Traditionalisten mögen beklagen, dass den fülligen, oft teuren neuen Weinen die für Rioja typische Art fehlt, doch gegenwärtig ist die Stilvielfalt im Anbaugebiet groß genug und bietet für jeden Geschmack etwas. Eine weitere interessante Entwicklung ist die Wiederentdeckung einheimischer Rebsorten. Graciano, Mazuelo und Maturana können sich durchaus neben der allgegenwärtigen Tempranillo behaupten, wie einige Kellereien bewiesen haben.

Im Aufbruch

Noch vor einigen Jahren schien es, als werde die Rioja von anderen spanischen Anbaugebieten, die mit Hilfe groß angelegter Investitionen aufstrebten, etwas in den Hintergrund gedrängt. Doch die Bodegas der Rioja haben in der Zwischenzeit zum Gegenschlag ausgeholt: Riesige Geldsummen sind seitdem in die Modernisierung und Erneuerung der Kellertechnik geflossen. Große, blitzblanke Edelstahltanks, in denen die Moste bei strikter Temperaturkontrolle zu fruchtigen Weinen vergären, gehören heute zum Standard in der Rioja.

Und den durch ihre unerhörte Fruchtkonzentration brillierenden Tempranillo-Weinen aus Ribera del Duero wurde eine neue Produktpalette von Prestige-Weinen entgegengesetzt, die ebenfalls meist sortenrein aus Tempranillo bestehen, gelegentlich mit Zusätzen von Cabernet Sauvignon. Diese betont fruchtigen Gewächse sind meist kürzere Zeit in neuen Barricas ausgebaut worden, tragen meist das Reserva-Prädikat und sind mindestens genauso teuer wie die Spitzenweine vom Duero. Doch die Winzer haben die Traditionen nicht vergessen: In den riesigen unterirdischen Gewölben, die oft den Eindruck eines Kirchenschiffs erwecken, lagern nach wie vor in langen Reihen mehrstöckig überein-andergeschichtet Tausende von Barricas.

Hier reifen weiterhin jene berühmten Weine, die der Rioja auch in Zukunft einen Platz unter den ganz großen

Anbaugebieten der Welt sichern werden. Bekannte Bodegas u.a.: AGE, Alavesas, Berberana, Berceo, Beronia, Bilbainas, Campo Viejo, Carlos Serres, Compan (a Vinicola del Norte de Espana (CUNE), Corral, Domecq, Faustino Martinez, Federico Paternina, Franco-Espanolas, Granja Nuestra Senora de Remelluri, La Rioja Alta, Senorio de San Vicente, Marques de Murrieta, Martinez Bujanda, Martinez Lacuesta, Muga, Olarra, Palacio, R. Löpez Heredia Viia Tondonia, Riojanas, Union Viti-Vinicola, Vinedos del Contino und Vinos de los Herederos del Marouds de Riscal.