Kastilien-La-Mancha
Die spanische Region Kastilien-La Mancha ist auch als Neukastilien bekannt, da man es erst später von den Mauern zurückerobern konnte als das nördliche Altkastilien, heute Kastilien-Leon. Beide Regionen werden geographisch durch das bis zu 2600 Meter hohe Kastilische Scheidegebirge voneinander getrennt. In der kargen, steppenähnlichen Landschaft Kastilien-La Mancha wird ein Großteil des spanischen Weines produziert. Die riesige zentralspanische Hochebene, die Meseta, befindet sich 500 bis 800 Meter über dem Meeresspiegel. Die flachen Rebflächen dehnen sich gewaltig aus. Das Klima ist kontinental, die Bergketten rund um Kastilien-La Mancha schirmen das Inland von Einflüssen des Atlantiks und des Mittelmeers weitgehend ab. Die Winter sind bitterkalt, nicht selten gibt es Dauerfröste von einer Woche und länger. Die Sommer sind dagegen sehr heiß, lang und trocken. Im Durchschnitt scheint an 200 Tagen im Jahr die Sonne. Große Temperaturschwankungen sind die Regel:
Während das Thermometer in der schattenlosen Hochebene im Sommer tagsüber bis zu 45 Grad anzeigt, sinken die
Temperaturen nachts dramatisch ab. Die Beeren entwickeln in diesem Klima einen hohen Zuckergehalt und reifen früh. Traditionell werden hier sehr alkoholstarke, säurearme und kräftige Weine erzeugt. Die Verwendung gekühlter Gärbehälter und weitere Neuerungen der Kellertechnik sowie die Umstellung auf höherwertige Traubensorten und eine frühere Lese sorgen in einigen Bereichen des riesigen Gebietes dafür, dass die Weine heute leichter und fruchtiger ausfallen. Die klimatischen Verhältnisse und die kargen Böden in Zentralspanien verlangen einen hohen Abstand der Pflanzen und damit eine geringe Pflanzdichte. So kommen nur minimale Hektarerträge zu Stande. Mehr als 16 bis 18 Hektoliter Wein pro Hektar geben die Weinberge hier nicht her. Wenn diese Region dennoch 35 Prozent des spanischen Weines hervorbringt, liegt das schlicht an ihrer unüberschaubaren Größe. Kastilien-La Mancha ist in die sechs Anbaugebiete DO Almansa, DO Valdepenas, DO La Mancha, DO Mondejar, DO Vinos de Madrid und DO Mentrida unterteiit.
Almansa
Das Anbaugebiet Almansa bildet so etwas wie ein Bindeglied zwischen dem Weinbau an der Mittelmeerküste, der Levante, und Zentralspaniens. Die Lage am Ostrand des zentralspanischen Hochplateaus belegt die Zugehörigkeit zu Kastilien-La Mancha, die vorherrschenden Rebsorten, einige Weinbereitungs-methoden, der Stil mancher Weine und die traditionellen Absatzwege verweisen jedoch deutlich auf die Levante. Auf 10.000 Hektar Rebfläche entstehen zum großen Teil aus dem Monastrell und der Garnacha wie in der östlich direkt angrenzenden DO Jumilla viele dunkle, schwere Verschnittweine. Einige fortschrittliche Erzeuger bereiten jedoch mit moderner Kellertechnik und unter Verwendung des Cencibel, wie der Tempranillo in Zentralspanien genannt wird, zunehmend straffe, kernige und elegante Rotweine mit moderatem Körper und Alkoholgehalt, die zu großer Eleganz heranreifen können.
Auch in Almansa war es wieder ein einziger Erzeuger, der eine gesamte Region aus ihrem jahrzehntelangen
Dornröschenschlaf gerissen hat. Vorreiter der modernen Entwicklung waren die Bodegas Piqueras, deren moderne Reservas und Gran Reservas mit dem Namen Castillo de Almansa gemeinsam mit den Tempranillo-Weinen aus Utiel-Requena und Valdepenas auch bei uns die Vorstellung südspanischer Rotweine entscheidend verändert haben. Weitere wichtige Erzeuger sind u.a. Hijos de Miguel Carriön und Sucesores de Alfonso Abellan.
Valdepenas
Am Südrand der Meseta, des kastilischen Hochplateaus, liegt das Anbaugebiet Valdepenas mit eigener Denominaciön de Origen und rund 35.000 Hektar Rebfläche. Valdepenas ist insgesamt das dynamischste der neukastilischen Weinbaugebiete. Im Gegensatz zu La Mancha werden hier vorwiegend Rotweine erzeugt. Dafür stehen große Flächen der feinsten spanischen Rotweintraube, des Tempranillo, zur Verfügung, der hier als Cencibel bezeichnet wird. Darüber hinaus haben die Weinbauern von Valdepenas bereits vor langer Zeit in großem Stil Cabernet Sauvignon gepflanzt, der sich gut an die extremen Verhältnisse gewöhnen konnte. Trotz der sommerlichen Dürre ist die klimatische Situation in Valdepenas allerdings insgesamt etwas günstiger, da es hier an den Ausläufern der Sierra Morena, die Kastilien-La Mancha von Andalusien trennt, im Winter etwas mehr regnet als weiter im Norden.
Zudem liegen die Rebflächen im Tal eines Quellarms des Rio Guadiana auf Schwemmlandböden, die das Wasser lange
speichern können und auch im Sommer immer noch etwas Feuchtigkeit an die tief wurzelnden Reben abgeben können. Mit moderner Kellertechnik werden hier elegante Rotweine erzeugt, deren stilistische Vorbilder eindeutig in den klassischen Rotweinen von Rioja und Navarra liegen. Valdepenas ist einer der größten Abnehmer für gebrauchte Barricas aus anderen Regionen Spaniens, und viele der besten Rotweine dieser Region werden lange in alten Eichenfässern ausgebaut, bis sie den typischen, leicht vanille-artigen süßen Geschmack annehmen. Diese ausgezeichneten Gewächse haben sich auf dem nordeuropäischen Weinmarkt längst fest etabliert und bieten oftmals ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis. Die wichtigsten der rund 100 teilweise winzigen Bodegas sind u.a. Casa de la Viia, Cooperativa la Invencible, Bodega Los Llanos, Luis Megia, Bodegas Sänchez Rustarazo, Vino Ginesa Reservas, Bodegas Felix Solis sowie Visän.
La Mancha
Die Region La Mancha umfasst den größten Teil von Kastilien-La Mancha, es handelt sich um genau jene baumlose, von Olivenhainen, Weizenfeldern, Weinbergen und Windmühlen geprägte Landschaft, die bereits Cervantes Anti-Held Don Quijote mit seinem Gehilfen Sancho Pansa auf der Suche nach Abenteuern durchstreifte. Das Weinbaugebiet La Mancha erstreckt sich von den Ausläufern der Sierra Morena im Süden beinahe 150 Kilometer weit bis beinahe vor die Tore der Landeshauptstadt Madrid. Über 200.000 Hektar des leichtwelligen Flachlandes sind mit Reben bepflanzt, damit ist La Mancha das größte zusammenhängende Anbaugebiet der Welt. Ohne die Wasserspeichernde Eigenschaft der kreidehaltigen Böden wäre im heißen und mit rund 300 mm Niederschlag im Jahr äußerst trockenen Hochland Zentralspaniens gar kein Weinbau möglich.
Die bevorzugte Rebsorte ist mit 90 Prozent des Gesamtbestandes die weiße Airen.
Das entspricht einer Rebfläche von beinahe 180.000 Hektar, damit ist die Airen knapp vor dem südfranzösischen Carignan die meistangebaute Rebsorte der Welt. Mit ihrer Anspruchslosigkeit und ihren sehr dicken Traubenschalen kann sie den klimatischen Bedingungen der Mancha trotzen. Ihre Weine sind traditionell kräftig, alkoholreich und säurearm. Jahrhundertelang wurden sie zum Verschnitt in andere Regionen Spaniens gebracht oder zur Brandy-Destillation nach Jerez geliefert. Frühere Lese und kühlere Gärung lassen in jüngerer Zeit jedoch fruchtigere, leichtere Weißweine und sogar einige spritzige Schaumweine entstehen. Darüber hinaus gibt es seit einem Jahrzehnt einige Bemühungen, die Rotweine zu verbessern. Dazu sind an geeigneten Stellen umfangreiche Pflanzungen von Cencibel und Cabernet Sauvignon vorgenommen worden, die fruchtige, leichte Rotweine in der Art von Valdepenas hervorbringen. Wichtige Produzenten sind die riesige Vinicola de Castilla sowie Rodriguez y Berger, Cooperativa Nuestro Padre Jesüs del Perdön, Cooperativa Nuestra Senora de Manjavacas, Cueva del Granero, Bodegas Centro Espanolas und die Bodegas Ayuso.
Mondejar und Mentrida
Östlich und westlich von Madrid liegen die beiden nördlichsten Anbaugebiete von Kastilien-La Mancha. Im Osten der Metropole ist es die DO Mondejar, deren 4000 Hektar vorwiegend einfache Weißweine hervorbringen. Die DO Mondejar ist erst 1994 eingerichtet worden - sehr zum Unverständnis vieler Fachleute, denn bisher hat Mondejar noch keine Weine hervorgebracht, die sich deutlich von den im weiteren Umkreis erzeugten Land- und Tafelweinen unterscheiden. So besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Region die DO wieder aberkannt wird, wenn sich die Qualität der Weine nicht erkennbar verbessert. Immerhin gibt es keine Absatzschwierigkeiten angesichts der Nähe der Millionenstadt. Ahnliches gilt auch für das 14.000 Hektar große Anbaugebiet Mentrida südwestlich von Madrid in der Provinz Toledo.
Aus der Garnacha-Rebe entstehen vorwiegend breite und schwere Rotweine, die hauptsächlich zu Verschnittzwecken
genutzt werden. Der Weinbau in Mentrida ist so rückständig, dass in Spanien immer wieder gefordert wird, dem Gebiet den DO-Status zu entziehen und es zum Landweingebiet herunterzustufen. Dass es in dieser Gegend jedoch auch anders geht, beweist die moderne Bodega Marques de Grinon in Malpica de Tajo, etwas außerhalb der DO Mentrida in den Montes de Toledo gelegen. Mit modernsten Methoden erzeugt sie reinsortige, hochkonzentrierte und überragende Rotweine aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Petit Verdot und Chardonnay, die in Zentralspanien ihresgleichen suchen und zu den besten Weinen des ganzen Landes zählen. Weinrechtlich gelten die teuren Gewächse jedoch nur als Vinos de Mesa, als Tafelweine.
Vinos de Madrid
Das Weinbaugebiet Vinos de Madrid erstreckt sich in einem Halbkreis südlich der Landeshauptstadt Madrid und gehört eigentlich nicht mehr zu Kastilien-La Mancha, sondern zur autonomen Region Madrid. Erst vor wenigen Jahren wurde es aus dem Stand eines Landweingebietes herausgehoben und mit einer eigenen Denominaciön de Origen bedacht. Traditionell erzeugt man hier robuste, alkoholreiche Rotweine sowie unkomplizierte, kräftige Weißweine. Sie werden zum großen Teil in den vielen Restaurants, Bars und den als Bodegas bezeichneten Weinlokalen der Metropole vom Fass ausgeschenkt. Einige Reservas aus dem Tempranillo werden auch auf Flaschen gezogen, gelegentlich gelangen sie sogar in den Export. Die wichtigsten Erzeuger sind u.a. Jesüs Diaz e Hijos und Vinos Jeromin.
Extremadura
Westlich von Kastilien-La Mancha liegt die große Region Extremadura. Bis vor wenigen Jahren wurden hier große Mengen sehr unterschiedlicher Landweine erzeugt, die 1997 unter der Bezeichnung DO Ribera del Guadiana zusammengefasst wurden. Grundsätzlich unterscheiden sich die Weine bei aller Vielfalt gar nicht allzu sehr von denen aus der DO La Mancha oder Mentrida, allerdings sind die Vinifikationsmethoden in der Extremadura noch traditioneller, die Kellerwirtschaft noch rückständiger und die erzielbaren Erlöse noch niedriger als in Zentralspanien. Der Bereich Tierra de Barros um die kleine Stadt Almendralejo jedoch ist schon seit langer Zeit für bessere bis sehr gute Rotweine aus der Tempranillo-Traube bekannt.
Die große Kellerei Industrias Vinicolas del Oeste (INVIOSA) füllt eine Menge verschiedener Weine auf Flaschen, der
bekannteste ist wohl die herausragende Gran Reserva Lar de Lares, die schon international für Furore gesorgt hat. Auch Vina Extremena hat einen großen qualitativen Sprung gemacht. Es steht zu erwarten, dass vor allem die DO Tierra de Barros sich problemlos durchsetzen wird, in den anderen Bereichen wird alles von den Investitionen in die Keller und die Weinberge abhängen.