Nebbiolo

Nebbiolo

Der nordwestitalienische Nebbiolo ist eine der edelsten roten Trauben, die in Italien angebaut wird, sowie noch vor dem Sangiovese diejenige italienische Rebsorte, aus der die meisten DOCG-Weine erzeugt werden. Sein Name leitet sich wahrscheinlich vom italienischen "Nebbia" (Nebel) ab, da zur Lesezeit im Oktober in Barolo und Barbaresco häufig Morgennebel vom Fluss über die Weinberge ziehen. Aber auch mit dem Begriff "Nobile" (vornehm) ist der Name der Sorte schon in Verbindung gebracht worden. Die Verbreitung des Nebbiolo beschränkt sich fast ausschließlich auf das Piemont, nur in einer einzigen Region der Lombardei wird die Sorte ebenfalls wirtschaftlich erfolgreich angebaut.

Der Nebbiolo ist vermutlich bereits in der Antike bekannt gewesen und im Hügelland des Monferrato und der Langhe

angebaut worden. In schriftlichen Zeugnissen aus dem frühen 13. und vor allem aus dem frühen 14. Jahrhundert wird der Nebbiolo dann auch wiederholt namentlich erwähnt. Bereits damals hatte man die außerordentliche Qualität dieser Traubensorte erkannt und äußerte sich lobend, teilweise sogar euphorisch über die Qualität seiner Weine. Der Nebbiolo ist eine problematische, schwierig zu kultivierende Rebsorte, da er außergewöhnlich hohe Ansprüche an Lagen und Böden seines Anbaugebietes stellt. Er gedeiht zu höchster Qualität fast ausschließlich auf steilen, nach Süden oder Südwesten ausgerichteten Lagen mit kalkhaltigen Mergelböden.

Deshalb sind seine Anbauflächen allein von Natur aus schon begrenzt, lediglich jede dreißigste Flasche Wein aus dem

Piemont enthält Nebbiolo, und eine Ausweitung der Rebflächen ist hier kaum noch möglich, denn auf Grund der hohen Traubenpreise, die der Nebbiolo einbringt, sind bereits alle Flächen, die für ihn in Frage kommen, mit der edlen Sorte bestockt. Im Weinberg selbst zeigt sich der Nebbiolo weit weniger anspruchsvoll, er ist weder besonders frostempfindlich noch übermäßig krankheitsanfällig. Probleme treten regelmäßig allenfalls wegen seiner sehr späten Traubenreife auf, die Lese zieht sich oftmals bis Ende Oktober hin. Im Piemont nicht allzu seltene Herbsteinbrüche mit kühlem, nassem Wetter können dann die Vollreife eines Teils des Traubengutes verhindern. Nebbiolo aus nicht voll ausgereiften Trauben ist tanninherb, säurereich und lässt die Frucht vermissen.

Doch auch voll gelungener Nebbiolo ist als Jungwein streng, abweisend und hart, denn die Sorte erbringt mit die am langsamsten reifenden Weine der Welt.

Nebbiolo_1

Die edelste Verkörperung findet der Nebbiolo in den DOCG-Weinen von Barolo und Barbaresco, schweren, alkoholischen Gewächsen mit bis zu 15 Volumen-prozent Alkohol. Dem Barolo hat der Gesetzgeber sowieso schon eine Mindestlagerzeit von je nach Qualitätsstufe zwischen drei und fünf Jahren, dem Barbaresco zwei und vier Jahren verordnet, bevor sie in den Handel gelangen dürfen. Vorher bereitet es auch weder Genuss noch macht es Sinn, die Weine zu trinken.

Aber auch danach müssen manche Abfüllungen noch Jahre gelagert werden, bevor sie ihre

ganze Schönheit offenbaren. Modernere Maischtechnik und Ausbaumethoden lassen heute jedoch zunehmend Weine entstehen, die früher zugänglich und auch schon jünger ein Genuss, dennoch aber genauso haltbar wie die traditionell bereiteten Weine sind. Die in einigen Randbereichen um Barolo und Barbaresco bereiteten Nebbiolo-Weine werden als Nebbiolo d'Alba, die aus der Provinz Cuneo auch als Roero Superiore etikettiert.

Sie sind nicht so tiefgründig und charaktervoll wie ein Barolo oder Barbaresco, doch dafür unkomplizierter und früher trinkreif. Immer aber behalten sie den Sortencharakter mit Aromen von Teer und Rosendüften. Außerhalb des Wein-Universums von Alba und Asti wird der Nebbiolo in größerem Umfang noch weiter nördlich an den Ufern des Flusses Sesia angebaut, wo er die DOCG-Weine Gattinara und Ghemme hervorbringt. Die Sorte wird hier als Spanna bezeichnet und ergibt im etwas kühleren Klima des höher gelegenen Anbaugebietes leichtere, säurebetontere und pikantere Weine, weshalb sie zur Milderung mit den weicheren Sorten Bonarda und Vespolina verschnitten werden.

Die Mindestlagerzeit beträgt wie beim Barbaresco auch hier vier Jahre, davon zwei Jahre im Holzfass.

In der Langlebigkeit stehen Gattinara und Ghemme den berühmteren Weinen ausdem Süden kaum nach. Im Umfeld von Gattinara und Ghemme entstehen nach dem gleichen Rezept die leichteren DOC-Weine Boca, Sizzano, Fara, Bramaterra und Lessona. Vor den Toren des Valle d'Aosta liegt das kleine Anbaugebiet Carema, in dem aus dem Nebbiolo, der hier in steilen Terrassen angebaut wird, um seinen Trauben die Vollreife zu ermöglichen, der DOC Carema erzeugt wird, der ebenfalls vier Jahre lang ausgebaut werden muss, davon zwei Jahre im Holzfass.

Und auch im Aostatal selbst steht Nebbiolo im Anbau, allerdings nur am südlichen Rand, dem wärmsten Bereich des Gebietes. Aus ihm werden die besten Weine der Region erzeugt, der kraftvolle und sehr feine rote Donnaz und der Arnad-Montjovet. In grösserem Stil wird der Nebbiolo außerhalb des Piemonts nur im lombardischen DOCG-Bereich Valtellina angebaut. Hier trägt die Traube den Namen Chiavennasca. Die besten Weine kommen aus der Kernzone DOCG Valtellina Superiore mit den Unterbereichen Sassella, Grumello, Inferno, Valgella und neuerdings auch Paradiso. Außerhalb dieser Regionen und insbesondere auch in der Neuen Welt ist die Kultivierung des Nebbiolo mit zufrieden stellenden Ergebnissen noch nirgendwo gelungen, so liefert diese italienische Spitzensorte ein gutes Argument für das französische Konzept des Terroir.