Nahe

Nahe

Die Rebflächen an der Nahe schließen sich westlich an den rheinhessischen Bereich Bingen an und erstrecken sich vom Oberlauf der Nahe bei Monzingen bis zur Mündung des Flusses in den Rhein bei Bingerbrück. Dazu kommen die Seitentäler der Nebenflüsschen Glan und Alsenz. Schließlich umfasst das Anbaugebiet Nahe noch ausgedehnte Rebflächen an den Abhängen des reizvollen, westlich anschließenden Soonwaldes.

Junges Weinbaugebiet mit langer Geschichte

Für seine Größe von 4600 Hektar ist das etwas abgelegene Anbaugebiet Nahe entschieden zu unbekannt. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass dieses Anbaugebiet noch relativ jung ist. Erst in der Neufassung des deutschen Weingesetzes von 1971 wurden die Grenzen gesetzlich festgelegt. Bis dahin wurde Nahewein ausschließlich in Bezug zu anderen, bekannteren Anbaugebieten vermarktet. Viele Erzeuger verkauften ihren Nahewein als Rheinwein, andere vertrauten jahrelang dem Werbeslogan: "Der Nahewein liegt zwischen Saar und Pfalz". Dabei hat der Weinbau an der Nahe eine lange Tradition, schließlich gilt das Weingut Prinz zu Salm-Dalberg im etwas abseits am Gräfenbach gelegenen Ort Wallhausen mit erster Beurkundung der Familie Dalberg aus dem frühen 13. Jahrhundert als das älteste Weingut der Welt.

Vielfältige Böden und Rebsorten

Die lange Zeit fehlende Identität des Anbaugebietes liegt aber auch darin begründet, dass der Nahewein in dem Sinne, wie es den Moselwein oder den Rheingauer gibt, schlicht nicht existiert. Dafür wiederum ist die sehr bewegte erdgeschichtliche Vergangenheit des Gebietes verantwortlich. Über Millionen von Jahren haben Vulkanausbrüche die Erdschichten immer wieder durcheinander geschüttelt, so dass die Böden an der Nahe heute sehr uneinheitlich sind. Verwittertes Urgestein, vulkanisches, quarzithaltiges Porphyrgestein und Schiefer wechseln einander rasch ab. Genauso vielfältig wie die Böden ist auch der Sortenspiegel an der Nahe. Zu über 90 Prozent werden weiße Rebsortenan gepflanzt. Nummer eins ist mit 1175 Hektar der Riesling, der sich nach langen Jahren auf dem zweiten Platz auch hier die Spitzenposition wieder vom rückläufigen Müller-Thurgau (920 Hektar) zurückerobert hat. Dieser ist vorwiegend für die liebliche Liebfrauenmilch verantwortlich, die auch im Anbaugebiet Nahe erzeugt werden darf.

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Die Rebflächen des Silvaners sind in den letzten 25 Jahren um zwei Drittel auf nun 430

Hektar zurückgegangen. Auf dem Vormarsch sind Grauer und Weißer Burgunder. Die hervorragenden Ergebnisse des Weißen Burgunders werden die Rebfläche dieser Sorte in der Zukunft sicherlich noch bedeutend wachsen lassen. Beinahe ein Viertel der Weinberge ist noch mit Neuzüchtungen bepflanzt, von denen sich wie überall in Deutschland vor allem der Kerner dauerhaft durchsetzen konnte.

Die Flächen für die Rotweinerzeugung sind in den vergangenen 20 Jahren stark ausgeweitet worden, betragen aber dennoch weniger als zehn Prozent der Gesamtfläche. Frischer in der Säure und harmonischer als die Rotweine sind an der Nahe oft die aus den blauen Trauben erzeugten Roses. Angesichts dieser Vielfalt verwundert es, dass vor einigen Jahren die beiden ehemaligen Bereiche Bad Kreuznach und Schloss Böckelheim zu einem einzigen Bereich zusammengefasst wurden, der das gesamte Anbaugebiet umfasst: der Bereich Nahetal. Wenn man von dem Grundgedanken ausgeht, dass in Bereichen Rebflächen zusammengefasst werden sollen, deren Weinen man einen gemeinsamen Grundcharakter zuschreibt, scheint eine Aufteilung in vier Bereiche sinnvoller zu sein.

Orte, Lagen und Erzeuger

Von der Mündung nach Bad Kreuznach

Der sanft hügelige untere Teil der Nahe von der Mündung in den Rhein bei Bingerbrück bis nach Bad Kreuznach ist von tiefen und fetten Löss- und Lehmböden geprägt. In direkter Mündungsnähe finden sich Anteile von rheinischem Schiefer. Hier besetzt der Riesling einen großen Teil der Rebflächen, insbesondere in den Orten Bingerbrück, Münster Sarmsheim, Burg Layen und Dorsheim. Bingerbrück ist ein Ortsteil der Gemeinde Bingen, deren Lagen bereits zum Anbaugebiet Rheinhessen gehören. Die Böden in Eingerbrück sind von Schiefergestein dominiert. Von den steilen Lagen kommen körperreiche, rassige Rieslinge, die von Rheinweinen kaum zu unterscheiden sind.

Größter Erzeuger ist die Winzergenossenschaft Nahe-Winzer.

Einzellagen: Hildegardisbrünnchen, Klostergarten Abtei Rupertsberg und Römerberg.

Großlage: Schlosskapelle.

Fünf Kilometer vor der Mündung in den Rhein liegt der kleine Weinbauort Münster-Sarmsheim. Die Rieslinge von den Spitzenlagen Dautenpflänzer, Pittersberg und Römerberg erinnern in ihrer säurebetonten, harmonischen und eleganten Art an die besten Rheinrieslinge. Sie werden unter dem Ortsnamen Münster etikettiert, sodass man sich vor einer Verwechslung mit Bad Münster am Stein hüten muss.

Die bekanntesten Winzer sind Kruger-Rumpf und Göttelmann.

Weitere Lagen: Rheinberg, Kapellenberg, Trollberg und Königsschloss.

Großlage: Schlosskapelle.

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Ein Glanzlicht setzt der Riesling noch einmal in Dorsheim mit den Spitzenlagen Trollberg, Pittermännchen und Goldloch.

Weitere Lagen: Burgberg, Honigberg, Klosterpfad, Laurenziweg, Jungbrunnen und Nixenberg.

Im nur wenige hundert Meter entfernten Rümmelsheimer Ortsteil Burg Layen ist ein herausragender Erzeuger zu Hause, das Schlossgut Diel, dessen Weine qualitativ und auch preislich mit zur deutschen Spitzenklasse gehören.

Einzellagen: Schlossberg, Hölle, Rothenberg und Johannisberg.

Großlage: Schlosskapelle.

Weiter flussaufwärts werden die Böden tiefer und die Weine runder und weicher. Hier sind die Rebflächen vorwiegend mit Müller-Thurgau bestockt. Kurz vor Bad Kreuznach liegt der Weinbauort Rüdesheim, der auf Grund der gänzlichen Verschiedenheit seiner Weine auf gar keinen Fall mit dem herausragenden Ortgleichen Namens im Rheingau verwechselt werden sollte.

Einzellagen: Wiesberg und Goldgrube.

Großlage: Rosengarten gleichnamige Einzellage auch in Rüdesheim im Rheingau.

Die mittlere Nahe

Im Herzen des Anbaugebietes, direkt an der Nahe zwischen Bad Kreuznach und Schlossböckelheim, gedeihen auf vulkanischen Porphyrböden besonders würzige und elegante Weine. Man könnte sagen, hier im Herzen des Anbaugebietes entstehen die Prototypen, die originären Naheweine. Nirgendwo sonst an der Nahe erreicht der Riesling solche Feinheit. Mitunter wird er so blumig, dass sein Duft an Rosen erinnert und der Weinfreund argwöhnt, dass hier ein Verschnitt mit Gewürztraminer stattgefunden hat, was natürlich nicht der Fall ist. Zentrum des Weinbaus an der Nahe ist Bad Kreuznach mit über 30 Einzellagen und einer Staatlichen Weinbaulehranstalt. Diese "erfand" die temperatur-kontrollierte Gärung und hat damit die Weinbereitung weltweit revolutioniert. Auf den Etiketten der Bad Kreuznacher Weine entfällt der Zusatz, die Weine werden als Kreuznacher Weine vermarktet.

Die bekanntesten Weingüter sind Anton Finkenauer und Paul Anheuser.

Einzellagen: Galgenberg, Tilgesbrunnen, Rosenberg, Kauzenberg, Osterhöll, Hofgarten, Kahlenberg, Mollenbrunnen, Hinkelstein, Forst, Vogelsang, Kapellenpfad, Krötenpfuhl, Brückes, St.Martin, Gutental, Mönchberg, Narrenkappe, Steinberg, Hungriger Wolf und Höllenbrand.

Großlage: Kronenberg.

Landschaftlich spektakulär wird das Nahetal flussaufwärts von Bad Münster am Stein, wo der Rotenfels beginnt, eine riesenhafte, 200 Meter senkrecht aufragende Porphyrwand, die sich über einen Kilometer lang in reiner Südausrichtung am nördlichen Flussufer entlangzieht. Unterhalb der Wand entstehen auf Münsterer und vor allem Traiser Lagen mit die besten Rieslinge der Nahe. Spitzenlagen sind

Münsterer Höll, Felseneck, Rotenfelser im Winkel und Steigerdell

sowie in Traisen

Nonnengarten, Kickelskopf, Rotenfels und vor allem Bastei.

Wichtigster Erzeuger in Traisen ist das Weingut Crusius.

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Großlage: Burgweg.

Flussaufwärts von Traisen liegt direkt am Fluss der kleine Ort Norheim. Auf den Granitverwitterungsböden der Steillage Dellchen wachsen besonders fruchtige, körperreiche Rieslinge.

Weitere Lagen: Götzenfels, Sonnenberg, Onkelchen, Oberberg, Kirschheck, Klosterberg und Kafels.

Großlage: Burgweg.

In Niederhausen kommen die besten Weine von den Einzellagen Hermannsberg, Hermannshöhle und Rosenberg.

Bekannteste Erzeuger sind das Weingut Mathern und die Gutsverwaltung Niederhausen-Schlossböckelheim, die ehemalige Staatliche Weinbaudomäne.

Weitere Lagen: Pfingstweide, Felsensteyer, Rosenheck, Pfaffenstein, Steinwingert, Stollenberg, Kertz, Klamm und Steinberg.

Großlage: Burgweg.

Kurz vor der Mündung des Flüsschens Glanin die Nahe liegt mit Schlossböckelheim ein weiterer qualitativ herausragender Weinbauort. Die Schlossböckelheimer Rieslinge kommen von vulkanischen Böden und sind fein, bukettreich und harmonisch. Doch auch aus dem Weißen Burgunder werden beachtlich feine, ausdrucksvolle Weine erzeugt. Die Spitzenlage heißt Kupfergrube.

Weitere sehr gute Einzellagen sind Felsenberg, Mühlberg, Heimberg, In den Felsen und Königsfels.

Großlage: Burgweg.

Obere Nahe und Glan

Die obere Nahe und das Tal der Glan ist von Rotliegendem geprägt. Die Weinebesitzen einen leicht erdigen Geschmack und eine markante Säure. Die Weine aus den wichtigsten Orten Odernheim (Glan), Meddersheim und Monzingen (Nahe) werden überwiegend aus dem Riesling erzeugt. Doch der zunehmend angebaute Weiße Burgunder kann an Qualität den Riesling in diesem Teil sogar übertreffen. Gelegentlich werden die beiden Sorten mit guten Ergebnissen miteinander verschnitten. Daneben werden wuchtige Grauburgunder erzeugt. Die überregional bekanntesten Weinerzeuger in diesem abgelegenen Winkel sind

Emrich-Schönleber in Monzingen und die Klostermühle Odernheim.

Lagen in Odernheim: Kloster Disibodenberg, Hessweg, Montfort, Weinsack, Kapellenberg und Langenberg.

Lagen in Meddersheim: Rheingrafenberg, Altenberg und Edelberg.

Lagen in Monzingen: Frühlingsplätzchen, Rosenberg und Halenberg.

Großlage für diese Region: Paradiesgarten.

Im Tal der Alsenz

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Der südlichste Teil des Anbaugebietes Nahe ist das obere Tal der Alsenz, die bei Bad Kreuznach in die Nahe mündet. Hier war der Weinbau durch die Verwerfungen der zahlreichen Kriege zwischen Deutschland und Frankreich in den letzten beiden Jahrhunderten beinahe zum Erliegen gekommen. Erst in jüngerer Zeit wurden viele Weinberge wieder neu angelegt. Die Weine aus diesem Bereich sind säurereich und gut lagerfähig, sodass sie ihr ganzes Potenzial erst nach einer ausgedehnten Flaschenreife offenbaren. Bekannteste Weingüter in dieser Region sind

Schmidt in Obermoschel und Hahnmühle in Mannweiler-Cölln.

Die etwas abseits an der Appel gelegenen Weinbauorte Oberhausen und Niederhausen sollten nicht mit den bedeutenden gleichnamigen Orten im Bereich der mittleren Nahe verwechselt werden.

Lagen in Obermoschel: Sonnenplätzchen, Schlossberg, Langhölle, Geißenkopf und Silberberg.

Lagen in Mannweiler-Cölln: Weißenstein, Schloss Randeck, Seidenberg und Rosenberg.

Großlage: Paradiesgarten.