Merlot

Merlot

Der Merlot ist eine hochwertige Rotweinsorte, die aus dem Bordeaux-Gebiet stammt und hier den kongenialen Partner des Cabernet Sauvignon stellt. Der Merlot ist im Weinberg kein unkomplizierter Pflegling: Er treibt früher aus als der Cabernet Sauvignon und ist daher stärker frost-gefährdet als dieser, was bei den gelegentlich auftretenden harten Spätfrösten in Bordeaux zu verheerenden Folgen führen kann.

Ein Beispiel ist der Jahrgang 1991, als die Merlot-Ernte durch die schweren Fröste vom 20. auf den 21. April so

schwer beeinträchtigt wurde, dass einige Güter in St.-Emilion und Pomerol gar keinen Wein produzierten oder die erzeugten Weine nicht herausgaben.

Eine weitere Schwierigkeit in der Kultivierung des Merlot ist sein starker Hang zum Verrieseln unter kühlen, nassen Witterungsbedingungen zur Blütezeit. Die meisten Winzer in Bordeaux haben noch den Horror-Jahrgang 1984 in Erinnerung, als durch anhaltend nasskaltes Wetter im Juni beinahe die gesamte Merlot-Ernte verloren ging.

Die Güter im Médoc und in den Graves konnten immerhin noch fast sortenreine Cabernet-Sauvignon-Weine erzeugen, doch im Libournais bot sich ein Bild des Jammers. Bei der Wahl der richtigen Rebsorte für die einzelnen Lagen machen Cabernet Sauvignon und Merlot es dem Winzer hingegen einfach.

Der Cabernet Sauvignon braucht idealerweise steinige, durchlässige Böden, und alles, was für den Anbau von

Cabernet Sauvignon nicht geeignet erscheint, ist in der Regel ideal für den Merlot. Er bevorzugt schwerere, tiefgründigere und mehr Wasser speichernde Böden als der Cabernet Sauvignon. Dass diese Böden meist kühler sind als die trockenen Kiesböden des Mödoc, stört den Merlot nicht. Im Gegenteil:
Auf zu trockenen und heißen Böden können sich die Trauben nicht richtig entwickeln und es kommt leicht zu hitzebedingten Reifeproblemen.

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Ein Vorteil der Sorte ist ihre frühere Reife, durch die sie schon oft dem anscheinend in den meisten Jahren unvermeidlichen Herbstregen in Bordeaux entgangen ist, weil sie bereits gelesen war, während der Cabernet Sauvignon von den Regengüssen verwässert wurde. Setzt der Regen allerdings wiederum zu früh ein, erleidet der Merlot sein Fiasko, während der Cabernet Sauvignon anschließend möglicherweise im schönsten Altweibersommerwetter in aller Ruhe ausreifen kann.

Der Merlot besitzt größere Trauben als der Cabernet Sauvignon mit dünnerer Beerenschale,

wodurch sich die größere Anfälligkeit des Merlot für Fäulnis erklärt. Auch für Pilzkrankheiten ist er recht anfällig, sodass in den Merlot-Weinbergen relativ häufig gespritzt werden muss. Reinsortige Merlot-Weine sind fruchtig, körperreich und weich, manchmal auch glatt, gelegentlich sogar fett.

Sie sind tiefrot und bestechen durch ihre intensiven Fruchtaromen, die Erinnerungen an Gewürze und Kirschen wachrufen. Ihr weniger ausgeprägtes Tanningerüst macht die charmanten Gewächse wesentlich früher zugänglich als die Weine aus dem Cabernet Sauvignon.

Dennoch sind die besten Merlotweine beinahe ebenso lange haltbar wie Cabernet Sauvignon. Im Verschnitt mit Cabernet Sauvignon kann der Merlot -je nach Verschnittanteilen - entweder dessen strenge Art mildern oder aber seinerseits vom tanninreichen Cabernet Sauvignon ein gewisses Maß an Struktur und Festigkeit verliehen bekommen.

Insgesamt sind weltweit bei steigender Tendenz heute bereits rund 100.000 Hektar mit dem Merlot bestockt, was der

gesamten deutschen Anbaufläche entspricht. In Frankreich ist der Merlot mit rund 60.000 Hektar Rebfläche nach dem Carignan und dem Grenache die dritthäufigste rote Rebsorte. In Bordeaux liegt er weit vor dem Cabernet Sauvignon an erster Stelle des Sortenspiegels, denn die Lagen, auf denen der Cabernet Sauvignon ideale Wachstums- und Reifebedingungen vorfindet, sind selbst im Médoc nicht unbegrenzt vorhanden.

Selbst hier, in der Hochburg des Cabernet Sauvignon, gibt es einige Güter, die mit ungewohnt hohem Merlot-Anteil charmante, früh zugängliche aber dennoch haltbare, vielleicht allerdings für die Charakteristik der Herkunft etwas untypische Weine erzeugen -die Châteaux Coufran und Charmail seien hier stellvertretend genannt. Der Merlot wird in Frankreich für die Erzeugung von Assemblage- Weinen verwendet.

Diese alte Rebsorte steht insbesondere in den Anbaugebieten Pomerol und St.Emilion (Bordeaux) im Anbau, wo sie ein

wichtiger Grundwein für die besten Bordeaux-Weine darstellt. In den kühleren Bereichen jenseits der Gironde, in den edlen Rotweinen von Canon-Fronsac, Pomerol und St.-Emilion dominiert der Merlot eindeutig, Cabernet Sauvignon ist hier nur Ergänzungssorte. Außerhalb von Bordeaux ist der Merlot in Südwestfrankreich und zunehmend vor allem im Midi von Bedeutung, wo er sortenrein zu ansprechendem Vin de Pays verarbeitet wird, aber auch in Verschnitte einfließt.

In der Schweiz ist der Merlot die beherrschende Rebsorte des italienischsprachigen Ticino. Er ist hier die einzige für die Erzeugung von DO (AOC)-Wein zugelassene Rebsorte. Die kräftigen Gewächse eignen sich gut für eine mehrjährige Lagerung, in deren Verlauf sie samtiger und vollmundiger werden. Das schweizerische Gütesiegel VITI auf einem Merlot del Ticino bedeutet, dass der Wein von einer Kommission auf seine Qualität geprüft wurde und mindestens 61 von 85 Bewertungspunkten erhalten hat. In Norditalien ist der Merlot mit 30.000 Hektar eine weit verbreitete Rebsorte. Zentren des Anbaus sind vor allem die DOC-Weinbaugebiete Breganze, Trentino, Grave del Friuli, Piave und die Colli Bolognesi.

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Diese Gewächse sind meist fruchtig, leicht und unkompliziert und eignen sich vorzüglich als Begleiter der leichten italienischen Küche.

Doch überall, wo die Bordeaux-Weine aus dem Libournais und insbesondere der unvergleichliche Château Petrus als Gipfel der Weinbaukunst gelten, wird dem Merlot größere Sorgfalt zuteil. Herausragendes Beispiel ist der Masseto des Weingutes Ornellaia in der toskanischen DOC Bolgheri Superiore. In Spanien steht der Merlot bisher noch am Anfang seiner Erfolgsgeschichte.

Zwar sind bereits einige Weinberge in Katalonien, Navarra und Somontano mit Merlot bestockt, die zu hervorragenden Sortenweinen und Verschnitten mit Cabernet Sauvignon und/oder Tempranillo verarbeitet werden, doch insgesamt gesehen ist das Potenzial in diesen dynamischen Weinbauregionen sicher noch nicht ausgeschöpft. In der Rioja gibt es ebenfalls umfangreiche Merlot-Bestände, deren Trauben aber nur zu Tafelwein verarbeitet werden dürfen.

Verbreitet ist der Merlot auch in Osteuropa, wo in Slowenien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien,

der Moldawischen Republik und in Russland bedeutende Rebflächen mit der edlen Sorte bestockt sind. In Kalifornien, wo der Merlot nach Cabernet Sauvignon und Zinfandel heute die drittwichtigste rote Sorte stellt, werden aus Merlot elegante und feine Sortenweine sowie Meritage-Weine, hochwertige Verschnitte nach dem Bordeaux-Rezept, erzeugt. In den letzten beiden Jahrzehnten wurde der Merlot im Südwesten der USA plötzlich zum Geheimtipp und seine Anbaufläche erlebte einen regelrechten Boom.

Gab es 1972 lediglich vier Produzenten, die Merlot-Trauben ernteten, so sind es heute bereits weit über 250, Tendenz weiter steigend. Allein in den 1990er-Jahren, als der Merlot für die kalifornischen Winzer vor allem wegenseiner Ertragssicherheit interessant wurde, verzehnfachte sich seine Anbaufläche von 1500 auf 15.000 Hektar.

Aber nicht nur in Kalifornien erfährt der Merlot eine große Wertschätzung, sondern auch in den meisten anderen

Weinbau treibenden Staaten. Während das kühle Klima in Oregon die Neigung des Merlots zum Verrieseln noch verstärkt und weitaus besser zur Produktion überragender Pinot-Noir-Weine geeignet ist, sind die Bedingungen in Teilen von New York und vor allem in Washington für die Erzeugung feiner Merlot-Weine ideal.

In Südamerika findet sich die größte Anbaufläche des Merlot in Argentinien, doch auch Chile und sogar Bolivien haben sich bisher als Erzeugerländer guter Merlotweine hervorgetan. Südafrika ist als Produzent sortenreiner Merlotweine bisher nicht besonders in Erscheinung getreten, stattdessen setzen die südafrikanischen Winzer eher auf die Erzeugung von Verschitten nach dem Bordeaux- Rezept, wobei in einigen Weinen der Cabernet Sauvignon, in anderen wiederum der Merlot im Vordergrund steht.

In Australien ist der Merlot die drittwichtigste rote Rebsorte und hat gerade einen enormen Boom hinter sich.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die mit Merlot bestockte Rebfläche auf dem fünften Kontinent auf nahezu 6000 Hektar verzehnfacht, von denen allerdings ein sehr großer Anteil noch jung ist und nicht im Ertrag steht. Als mildernde Verschnittsorte für den Cabernet Sauvignon steht der Merlot hier allerdings in starker Konkurrenz zum traditionell dafür verwendeten Shiraz. Und auch in Neuseeland spielt der Merlot mittlerweile eine bedeutende Rolle für die Bordeaux-Verschnitte des Landes. Die Sorte wächst vor allem auf der wärmeren und feuchteren Nordinsel, und das Potenzial ist - wie bei nahezu allen klassischen Traubensorten des gemäßigten Klimabereiches -außerordentlich hoch.