Ribera del Duero

Ribera del Duero

Das Anbaugebiet Ribera del Duero ist eines der dynamischsten in ganz Spanien. Es wurde erst 1982 geschaffen und hat innerhalb weniger Jahre den Anschluss an die qualitative Spitze der internationalen Rotweingebiete geschafft. Darüber hinaus haben die Weine aus Ribera del Duero stilistisch und qualitativ neue Maßstäbe gesetzt, die in den traditionellen Rotweingebieten Spaniens vorübergehend so manche Besorgnis ausgelöst haben. Ermöglicht wurde diese Entwicklung durch massive Investitionen in neue Weinkellereien und die weltweit gewachsene Nachfrage nach körperreichen, kräftigen und dennoch fruchtigen Rotweinen.

All dies vereinen die Weine von Ribera del Duero in bewundernswerter Weise.

Heute gehören sie neben den Spitzengewächsen aus Navarra, Katalonien und Rioja zu den besten spanischen Rotweinen. Die Auswirkungen des großen kommerziellen Erfolgs dieses neuen Weinstils auf das gesamte Qualitätsniveau der spanischen Rotweinerzeugung sind enorm. In allen bedeutenden Anbaugebieten suchte und fand man Antworten auf die neue Herausforderung, seien es die neuen Prestigeweine der Rioja, der moderne Stil der Cabernet Sauvignon-Tempranillo-Verschnitte aus Navarra oder die überaus fruchtigen Garnacha-Weine aus dem Priorato in Katalonien.

Der Pionier

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Begonnen hat alles bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Während die Weinberge rund um die südfranzösische Wein-Metropole Bordeaux vom Mehltau und später von der Reblaus vernichtet wurden, bepflanzte Eloy Lacanda y Chaves 1864 auf seinem Weingut am Tal des Duero nahe der kleinen Ortschaft Valbuena neben der lokalen Spielart des Tempranillo, der hier Tinto Fino heißt, ein paar Hektar mit den Bordeaux-Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Malbec. Schon die ersten Jahrgänge, die von diesem Rebbestand dann produziert wurden, waren überwältigend, und so wurde das Weingut Vega Sicilia bald zur Legende. Heute stehen hier ca. 130 Hektar unter Reben, davon knapp 100 Hektar Tinto Fino und über 30 Hektar Cabernet Sauvignon, Merlot und Malbec. Früher wurden drei Weine produziert. Der Tinto Valbuena 3.° Ano kam nach drei Jahren in Crianza-Qualität auf den Markt, seine Produktion wurde allerdings eingestellt.

In Reserva-Qualität erscheint der Valbuena 5.° Ano, der nach fünf Jahren Lagerung im Fass und in der Flasche

herausgegeben wird. Er ist dadurch fruchtiger als der Spitzenwein Unico, der überhaupt nur in ganz besonders guten Jahren produziert wird. Der Unico lagert insgesamt zehn Jahre in verschieden großen und unterschiedlichalten Holzfässern und in der Flasche, bevor er als Gran Reserva die Bodega verlässt. Es handelt sich um einen wuchtigen, unerhört konzentrierten und vornehmen Wein, der zu den größten Rotweinen der Welt zählt. Als Cuvee der absoluten Spitzen-Jahrgänge wird zudem noch in winzigen Mengen ein Unico Gran Reserva Esoecial erzeugt, dessen Haltbarkeit legendär ist. Die Weine der Bodega Vega Sicilia werden weniger verkauft als vielmehr zugeteilt, und in der Regel sind sie kurze Zeit nach ihrem Erscheinen bereits wieder vergriffen.

Preislich steht bereits der Valbuena auf dem Niveau der als 2es Crus klassifizierten Bordeaux-Weine aus dem Haut-Medoc, und der Unico - trotz aller hochpreisiger Newcomer immer noch der teuerste Wein Spaniens - steht preislich gleichberechtigt neben den 1ers Crus.

Klima und Böden

Die klimatischen Verhältnisse sind in diesem besonders kargen, heißen und trockenen Teil Kastilien-Leöns eigentlich auf den ersten Blick nicht gerade ideal für die Erzeugung hochwertiger Weine. Im nicht weit entfernten Anbaugebiet Toro entstehen mit Ausnahme der Weine aus den Bodegas Farina unter ähnlichen Bedingungen schwere, alkoholreiche Gewächse, die oft etwas zur Plumpheit neigen.

Ribera del Duero liegt im Windschatten des bis zu 2600 Meter hohen Kantabrischen Gebirges im Norden und

Nordwesten, das Kastilien von atlantischen Witterungseinflüssen abschirmt. Hier herrscht kontinentales Klima, die Sommer sind mit bis zu 40° Celsius heiß, die Winter oft bitterkalt.

Im Frühjahr kann es Spätfröste geben, die den Austrieb schädigen, ansonsten besteht die größte klimatische Gefahr hier neben der Dürre - die Niederschläge liegen im Jahr unter 300 mm - in besonders heißen Jahren vor allem darin, dass das Traubengut im Herbst zu schnell reift oder sogar überreif wird und dann übermäßig alkoholische, breite Weine hervorbringt. Die Dürre wird in diesem trockensten Landstrich Spaniens etwas durch die besondere Zusammensetzung der Böden gemildert. Diese bestehen aus kreide- und lehmhaltigem Schwemmland, das die spärlichen Niederschläge wie ein Schwamm aufsaugt und dann nach und nach an die hier sehr tief wurzelnden Reben wieder abgibt. Die besonders intensive Fruchtigkeit der Rotweine aus Ribera del Duero wird begünstigt von den täglichen Temperaturschwankungen. Nachts kühlt es sich hier meist sehr stark ab, sodass die Verdunstung von Aromastoffen und leicht flüchtigen Fruchtsäuren aus den Beeren verhindert wird.

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Zudem kommt es durch den Duero regelmäßig zu Bildung von herbstlichem Nebel, der die Beeren kühlt und ihre langsame, allmähliche Reifung fördert. So können trotz des heißen Klimas und der geringen Niederschläge Weine von Spitzenqualität entstehen.

Der Charakter der Weine

Schon bald nach seiner Entstehung begann das Anbaugebiet Ribera del Duero zu "boomen". Seit die Spitzengewächse in der Fachwelt mit den besten Rotweinen aus Bordeaux auf eine Stufe gestellt wurden, hat sich eine breite Käuferschicht diesen exzellenten Tropfen zugewandt. Die große Nachfrage hat die Preise stark in die Höhe getrieben, sodass selbst einfache Weine aus Ribera del Duero mehr kosten als vergleichbare Erzeugnisse aus anderen spanischen Anbaugebieten. Seitdem man das Potenzial der Region erkannt und die Produktion mittelmäßiger Roseweine aus der Garnacha-Traube aufgegeben hat, wird in Ribera del Duero fast ausschließlich Rotwein erzeugt. Auf über 17.000 Hektar Rebfläche ist hauptsächlich Tinto Fino (auch als Tinto del Pais bezeichnet) angepflanzt, die lokale Variante der großen spanischen Rotweinrebe Tempranillo. Im Gegensatz zum "Grandseigneur" Vega Sicilia erzeugen die meisten anderen Bodegas ihre Rotweine sortenrein aus Tinto Fino.

Nur wenige Weingüter verwenden als Ergänzungssorte Cabernet Sauvignon.

Die Gewächse von Ribera del Duero unterscheiden sich voneinander je nach ihrer genauen Herkunft und der Philosophie ihres Erzeugers. Die intensivsten Weine entstehen imweit flussaufwärts gelegenen Teil des Anbaugebietes rund um Penafiel.

Die malerische Kleinstadt am Duero ist das Zentrum der Weinerzeugung und des Weinhandels von Ribera del Duero. Der von einer beeindruckenden mittelalterlichen Burg beherrschte Ort ist zudem der Sitz einiger hervorragender Bodegas. Die Rotweine aus diesem Gebiet sind tiefdunkel in der Farbe und verfügen über eine besonders konzentrierte Frucht sowie eine dichte Tanninstruktur. Weiter flussabwärts und in den Randbereichen des Anbaugebietes sind die Weine heller, feiner und leichter.

Sie erreichen nicht die üppige, konzentrierte Frucht der Spitzengewächse, sind aber dennoch hervorragende Rotweine.

Die Spitzenerzeuger von Ribera del Duero, die wie Alejandro Fernändez eine neue Philosophie der Weinbereitung begründet haben, lassen ihre Weine zwei Jahre in neuen Barricas reifen und füllen sie dann ab. Nun vertragen diese Kreszenzen je nach Qualität noch einige Jahre Flaschenreife, bevor die dichte Tanninstruktur und der strenge Geschmack des neuen Eichenholzes weichen und ihre vollmundige Frucht in den Vordergrund tritt. Traditionsbewusste Hersteller wie Vega Sicilia lassen ihre Weine noch länger im Fass reifen, sodass sie nach der Abfüllung schon sehr bald trinkreif sind. Einige kleine Erzeuger, die nicht jedes Jahr viel Geld in neue Eichenfässer investieren wollen oder können, bringen länger in älteren Fässern gelagerte Weine im eher traditionellen spanischen Stil hervor.

Eine Spezialität von Ribera del Duero sind die sogenannten Semi-Crianzas, Weine, die nur ein paar Monate in neuen Eichenfässern gelegen haben. Doch nicht jeder Rotwein benötigt den Ausbau in Holz: Die Vinos Jovenes, die im Jahr nach der Lese direkt auf Flaschen gefüllt werden, sind sofort trinkfertig und gehören zu den besten Weinen dieser Art in Spanien. Zudem haben sie den Vorteil, dass sie durch den Verzicht auf den teuren Fassausbau wesentlich preiswerter zu haben sind als die Vinos de Crianza, die Reservas und Gran Reservas.

Top-Erzeuger sind u.a. Bodegas y Vinedos Aliön, Bodegas Felix Callejo, Bodega Dehesa de los Canonigos, Alejandro Fernandez, Grandas Bodegas, Pago de Carraovejas, Bodegas Penalba Löpez, Bodegas Protos, Bodegas Senorio de Nava, Bodegas Valduero, Bodegas Vega Sicilia, Hijos de Barcelö, Condado de Haza, Bodegas Arzuaga, Bodegas Carmelo Rodero, Bodegas Teofilo Reyes, Bodega Balbas, Bodega Duron und Bodega Matarromero.

Castilla-León

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Überraschenderweise bringt gerade das Herzstück der Hochebene Altkastiliens mit seinen selbst für spanische Verhältnisse extremen Klimabedingungen Qualitätsweine hervor, die denen von Rioja ernsthaft Konkurrenz machen. Als typische große Gewächse aus heißen Gefilden wirken die roten Tafelweine vom oberen Douro-Tal in Portugal und aus dem spanischen Ribera del Duero in ihrer ausgefeilten Machart fast wie Verwandte. Sie bekunden die Struktur, Sauberkeit und den Schliff eines wuchtigen Bordeaux - Wesenszüge, wie man sie andernorts in Spanien meines Wissens nicht mehr findet.

An den Ufern des Duero, der "Ribera del Duero", östlich von Valladolid Richtung Peñafiel

reifen einige der größten und mit Abstand teuersten - Kreszenzen Spaniens heran. Sie waren die große Entdeckung der 1980 er-Jahre. Ihre Anbaufläche vergrößerte sich in den 1990 ern beständig auf insgesamt 20700 Hektar. Hier regiert die Tempranillo unter dem Pseudonym Tinto fino, und ihr Kronjuwel ist der zehn Jahre im Fass ausgebaute Vega Sicilia. Daneben gibt es im gesamten Anbaugebiet noch weitere ausgezeichnete Erzeugnisse - aber auch mittelmäßige. Wegen der raschen Erweiterung entstehen viele Gewächse zwangsläufig aus Traubenmaterial von jungen Reben und vertragen daher nicht immer einen längeren Fassaufenthalt. Nicht alle Weine sind deshalb die meist hohen Preise wert, die man für sie verlangt. Zudem hat man neuere Pflanzungen oft auf flachem Land statt an Hängen angelegt und riskiert damit Frostschäden vor der Lese, so geschehen 2007 und 2008. Oft verheißt eine Crianza mit reicher Frucht mehr Vergnügen als eine tanninschwere, überextrahierte Gran Reserva.

Erstaunlicherweise findet man gerade in der Nähe dieses Anbaugebiets mit seinen massiven Rotweinen die aufstrebende Weißwein-DO Rueda nur 32 Kilometer südlich von Valladolid. Moderne Weißweintechnologie hat diese Denomination revolutioniert. Der Marqués de Riscal aus Rioja war der erste einer Reihe von Investoren, die erkannten, dass in der Zone genug Potenzial steckte. Sie ließen die besten Berater kommen, um den neuen Rueda zu erfinden: einen körperreichen, frischen, trockenen Weißen, wie er in Spanien viel zu selten ist. Die Verdejo als Traditionstraube des Anbaugebiets muss zu mindestens 40 Prozent in den Verschnitten enthalten sein. Manchmal wird sie auch mit Sauvignon blanc vermengt, der Trend geht jedoch zur sortenreinen Bereitung.

Ansonsten ist jeder andere Wein Altkastiliens rot. Toro als nächster Nachbar von Rueda bringt wuchtige Vertreter

hervor, die im Duero-Tal zwischen Valladolid und Zamora reifen. Früher wurden sie zum Verschneiden genutzt, doch heute stehen in Toro moderne Kellereien, die dem Anbaugebiet einen Platz unter Spaniens besten DOs sichern. Das Geheimnis von Toro ist das enorme Reservoir uralter Buschreben. Meist handelt es sich dabei um Tempranillo, die vor Ort Tinta de Toro heißt.

Gleich nördlich von Valladolid gibt es die DO Cigales, die früher für ihren grobschlächtigen clarete bekannt war, aber inzwischen auf der Qualitätsleiter immer höher klettert. Rund 40 Kellereien sind hier bereits aktiv.

In der Provinz León jenseits der Berge an der Grenze zum kühlen Galicien befindet sich die DO Bierzo. Ihre Weine sind die leichtesten von ganz León. Sie bringen gute Säure mit und sind nicht allzu stark; vielmehr verleiht ihnen die Mencía-Traube eine Duftigkeit und Struktur, die an feinen Pinot noir erinnert. Winzer wie Alvaro Palacios beweisen, welch großes Potenzial im Anbaugebiet steckt. Wichtigste Stadt der 4000 Hektar umfassenden Denomination ist Vilafranca del Bierzo.