Farbtöne des Weines

Farbtöne des Weines

Roseweine

Rose

Der perfekte Rosewein sieht weder wie ein verwässerter Rotwein aus noch sollte er einen Einschlag von Orange oder Violett zeigen. Die Farbe Rose muß klar als solche erkennbar sein.

Orange

Einige Rebsorten produzieren eine deutliche Orangetönung. Reines Orange ist unerwünscht, ein gefälliges Orange-Violett hingegen normal und typisch für manche Roseweine von der Loire; noch etwas deutlicher erscheint dieser Farbton in der Provence und im heißen Süden.

Nelken-Rosa

Lilafärbung im Rosewein ist unnatürlich. Jeder Verdacht auf Spuren von Blau in der Weinfarbe deutet auf einen ungesunden Zustand hin, wahrscheinlich verursacht durch eine metallische Verunreinigung.

Rotweine

Purpur

Ein purpurroter Wein (Rot mit Violetton) zeigt durch die Farbe seine Jugend oder Unreife an.

Rubinrot

Nach dem ursprünglichen Purpur wandelt sich die Farbe des reifenden Weines in Rubinrot. Der junge Portwein und vor allem die jungen Burgunder- und Bordeauxweine schimmern in dieser leuchtenden Farbe.

Weinrot

Das eigentliche Weinrot ist in reinster Form in einem Bordeaux anzutreffen, der sich zwischen Jugend und Alter befindet. "Bordeauxrot" ist denn auch eine vielverwendete Farbbezeichnung.

Granatrot

ist ein wünschenswertes Erscheinungsbild feiner italienischer Provenienzen.

Rotbraun

An der rotbraunen Farbe kann man den fortgeschrittenen Reifegrad des Weines ablesen. Bordeaux zeigt diesen Farbton mit fünf oder mehr Flaschenjahren, Burgunder ab drei Flaschenjahren. Je höher die Qualität eines Jahrganges, desto weiter wird der Beginn der Rotbraun-Färbung hinausgeschoben. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür wurde im Februar 1976 an einer "Historischen Weintafel" des Weinhauses Reichmuth in Zürich notiert: ein 1916er Chäteau Clerc-Milon, heute Duhart-Milon-Rothschild, Pauillac, zeigte nach 6O Jahren noch nicht die geringste Braunfärbung, was auf eine erstklassige Lagerung schließen läßt, aber auch die Vermutung nahelegt, daß der Wein damals mit einem ungewöhnlich hohen Säuregrad in die Flasche kam.

Braun

Eine Spur von Braun im Wein läßt meist auf Hitzeeinfluß schließen. Dazu kann es kommen, wenn durch Erhitzen die Maischegärung vorangetrieben werden soll. Eine Braunfärbung kann auch durch Lufteinfluß in nicht spundvoll (bis zum Rand voll) gehaltenen Fässern entstehen.

Mahagoni

Ein eher mildes, feines Rotbraun, das die Vollreife anzeigt, etwa bei einem Flaschenalter zwischen 10 und 20 Jahren.

Tawny, "lohfarben"

Farbbezeichnung für Portweine. Der blasse Rot-Ton zeigt einen Zustand an, der erst nach vielen Jahren Faßlagerung durch Farbverlust erreicht wird - ein natürlicher, aber teurer Reifeprozeß. Bei Billigprodukten wird die begehrte Färbung durch Mischung von weißen und roten Ports erzeugt.

Bernsteinbraun

Deutet entweder auf ein hohes Alter des Weines hin oder aber auf eine verfrühte Alterung und/oder Oxydation. Ist das gesunde, rötliche Glühen eines Rotweins einmal erloschen, so ist der Wein in der Regel tot.

Prüfung mit den Augen

Prüfung mit den Augen

Diese erste Sinnesprüfung hat die Aufgabe, den Wein auf Farbtönung, Farbreinheit und Klarheit zu untersuchen, denn diese Faktoren können schon viel über seine Eigenschaften aussagen. So ist eine wirklich brillante, strahlende Farbe oft genug ein erster Hinweis auf ein großes Gewächs, Trübungen hingegen können eine falsche Behandlung anzeigen, Braunfärbungen einen überalterten Wein. Halten Sie das Glas immer am Stiel, so bleibt es sauber und durchsichtig. Die Oberflache des Weines sollte hell spiegeln. Erscheint sie matt, schillernd oder fleckig, muß der Wein näher untersucht werden. Heben Sie das Glas nun gegen das Licht. Dunkle Wolken oder anhaltende Trübung durch undefinierbare Substanzen sind ein schlechtes Zeichen.

Solche Weine - wenn sie nicht sehr viele Jahre auf dem Buckel haben - geben Sie am besten dem Lieferanten zurück.

Handelt es sich um einen Rotwein, sollten Sie aber vorher prüfen, ob Sie ihn vielleicht erst vor kurze munter fröhlichem Geschüttel aus dem Keller geholt haben oder ob die Flasche vor dem öffnen sehr ausgiebig gedreht, gewendet und beäugt wurde. In alten Jahrgängen ist nämlich oft ein teilweise puderförmiger Bodensatz von ausgefälltem Farbstoff und Tännin anzutreffen, der durch die geringste Erschütterung aufgewühlt wird. Lassen Sie den Wein einige Zeit ruhen, dann wird er wieder klar. Weißweine müssen in jedem Fall glanzhell, d.h. blitzblank und völlig durchsichtig sein. Kleine, meist durchsichtige Ausscheidungen in kristalliner Form sind in weißen, seltener in roten Weinen anzutreffen. Es handelt sich um ausgefällte Weinsäure in Weinen, die aus vollreifem Lesegut hergestellt wurden.

Umgang_mit_Wein_01

Der sogenannte Weinstein ist das Resultat eines Prozesses, der eigentlich beim Reifen im Faß hatte stattfinden sollen. Zurückzuführen ist er auf eine frühe Abfüllung in die Flasche oder abrupte starke Kälteeinwirkung. Die Diamanten im Wein sind lediglich ein optischer Schönheitsfehler und beeinträchtigen den Geschmack des Weines nicht. Auch die Konsistenz des Weines laßt Rückschlüsse auf seine Qualität zu. Wertvolle Weine lassen nach dem Schwenken an der Glaswand schwere Tränen hinunterrollen, die sich in Gestalt schmaler oder breiterer Kirchenfenster ausformen. Dieses Phänomen kann durchaus als zuverlässiger Hinweis auf den Extraktreichtum gelten. Je ausgeprägter die "Fenster", desto höher ist der Glyzeringehalt. Glyzerin zählt zn den wichtigsten Inhaltsstoffen des Weines, da es ihn vollmundig und rund macht. Auch die ölige Konsistenz (Dickflüssigkeit) geht unter anderem auf einen hohen Glyzeringehalt zurück. Glyzerin ist ungiftig und in reinem Zustand eine farblose, sirupähnliche Flüssigkeit.

Im Wein ist es als Nebenprodukt der alkoholischen Gärung in Mengen von etwa 6 bis 10 Gramm pro Liter enthalten.

Beeren- und Trockenbeerenauslesen formen besonders schöne Bögen, da der Botryis (Edelfaule)-Pilz, der diesen Weinen ihren besonderen Charakter verleiht, schon in den reifenden Trauben Glyzerin bildet. Bei der Beurteilung der Weinkonsistenz ist aber zu beachten, daß der Eindruck durch nachlässig gespülte Gläser verfälscht werden kann. Durch Behandlung mit zuviel Spülmittel wird die Oberflächenspannung beseitigt und die Schlierenbildung dadurch verhindert. Zur Beurteilung der Weinfabe halten Sie das Glas etwas schräg und betrachten es von oben vor weißem Hintergrund. Auf diese Weise werden auch dunkelrote Weine durchschaubar. Es ist nicht immer einfach, die Farbtiefe von zwei Weinen zu vergleichen. Füllen Sie zwei Gläser bis zur gleichen Höhe, und betrachten Sie sie direkt nebeneinander vor einer weißen Unterlage.

Man kann auch ein Licht so hinter den Gläsern plazieren, daß der Glasinhalt einen farbigen Schatten auf den Untergrund wirft. Die Sattheit oder Blässe einer Farbe wird zum einen durch Rebsorte und Herkunft des Weines bestimmt - beispielsweise wird der beste schwäbische Trollinger niemals so intensiv gefärbt sein wie ein südfranzösischer Cabernet Sauvignon oder Merlot -, aber innerhalb dieser vorgegebenen Grenzen erlaubt die relative Farbtiefe interessante Rückschlüsse. So wird ein Rotwein von satter, dunkler Farbe sicher einen überdurchschnittlichen Tanningehalt aufweisen, man kann einen kräftigen, kernigen Tropfen erwarten. Eine solche Farbe ist nur bei einwandfrei produzierten Weinen aus einem sonnenverwöhnten Jahrgang möglich. Das Gegenteil ist bei blassen Rotweinen (gleicher Sorte und Herkunft) der Fall: Sie lassen auf einen zu hohen Hektarertrag schließen, auf zu schnelle Maischegärung oder ein klimatisch ungenügendes Weinjahr in dem die Trauben nicht zur Vollreife gelangten; die Beerenschalen sind dann ungenügend mit Farbstoffen ausgestattet.

Nach der Farbe werden die Weine bekanntlich den drei Kategorien Rotwein, Rose oder Weißwein zugeordnet.

Umgang_mit_Wein_02

Bei aufgespriteten, d.h. mit reinem Alkohol versetzten Weinen ist die Zuordnung manchmal nicht auf Anhieb eindeutig: so ist z.B. der Sherry seiner Herkunft nach ein Weißwein, zeigt sich jedoch in strohgelber bis hin zu brauner Farbe. Portwein kann rot oder weiß sein und von Dunkelviolett bis zum bleichen Braungelb schimmern. Was wir als Rotwein kennen, zeigt sich in den unterschiedlichsten Farbtönen von Violettrot über alle Schattierungen von Gelbrot und Blaurot bis hin zu Mahagoni oder gar Bernstein. Diese Farbtönung ist einerseits durch das Klimabedingt, also abhangig von Jahrgang und geographischer Herkunft, andererseits kann der Kellermeister durch die Zeitspanne, in der der Traubenmost auf den Beerenschalen bleibt, die Intensität der Farbe bestimmen. Denn die rote Farbe des Weines stammt ausschließlich aus den Beerenschalen, deren Farbstoffe bei der sogenannten Maischegärung durch den Alkohol herausgelöst werden.

Man kann daher aus blauen Trauben durchaus auch Weißweine machen. wenn man den Most sehr schnell von den Beerenschalen trennt - "weiß gekeltert" nennt sich so ein Wein. Schließlich spielt das Alter des Weines eine zentrale Rolle: mit den Jahren nehmen die Blautöne ab, die Brauntöne zu. Weine, die als Roseweine (nach dem alten Weingesetz Rose geschrieben) bezeichnet werden, können sich in Farbton und Farbtiefe erheblich unterscheiden. Jede Weinregion hat ihren eigenen Stil, der von der Rebsorte und der Weinbereitung abhängt. Die weitaus meisten Roses werden ausschließlich aus blauen Trauben gewonnen, wobei man die Beerenschalen so lange im Gärmost belaßt, bis ausreichend rote Farbe extrahiert ist. Nur bestimmte Spielarten, z.B. der württembergische Schillerwein oder Badisch Rotgold, werden durch Verschnitt von Rot- und Weißweintrauben, -most oder -weinen erzeugt. Die Hellfarbigkeit der Roses gibt ihnen ihren besonderen beschwingten Charme.

Man trinkt sie in der Regel am besten jung, denn mit den Jahren verlieren sie ihre Frische in der Farbe wie im

Geschmack. Alle Weißweine enthalten Spuren von gelben Farbpigmenten, meist jedoch in sehr geringer Konzentration. Die Färbungen reichen vom blassen Gelbgrün über tiefere Gelbschattierungen bis hin zu Goldgelb und Bernsteinbraun. Trockene Weißweine beginnen ihr Leben üblicherweise mit bleichen Farbtönen und gewinnen - im Gegensatz zu den Rotweinen - mit dem Alter an Farbintensität. Junge Süßweine zeigen ausgeprägte Gelbtöne, die im Laufe der Zeit in ein Gold übergehen und im Alter dann Braunspuren durchscheinen lassen.

Augenwesen - Mensch

Augenwesen - Mensch

Schon die Römer haben den Wein nicht nur reichlich getrunken, sondern sich auch kluge Gedanken darüber gemacht. Der Dichter Horaz entwarf die magische Weinformel "Color -Odor - Sapor", das heißt "Farbe - Geruch - Geschmack", und erfaßte damit die drei Sinnesqualitäten, nach denen der Wein noch heute geprüft und beurteilt wird.

Der Mensch orientiert sich ganz überwiegend durch seinen optischen Sinn, er ist geradezu ein "Augentier". Und vielleicht nicht zuletzt deshalb dem Phänomen Wein gegenüber zunächst etwas hilflos. Denn durch bloßes Betrachten ist ihm sicherlich nicht beizukommen - obwohl Farbe und Klarheit mehr über einen Wein aussagen, als der Laie zunächst vermutet. Auf alle Fälle ist der erste Eindruck immer ein optischer, am Auge führt kein Weg vorbei. Nicht umsonst heißt es: Das Auge ißt mit! Machen Sie nur einmal, wenigstens gedanklich, die Gegenprobe. Stellen Sie sich vor, Sie müßten einen Wein mit verbundenen Augen probieren.

Was erwartet mich, ein roter oder ein weißer - oder ist er womöglich etwas bräunlich übertönt?

Villeicht ein wenig trübe, mit undefinierbaren Schlieren? Was für eine unappetitliche Vorstellung! Auf diese Weise kann man einen Wein nicht recht genießen, und sei er noch so makellos. Der Mensch glaubt, was er sieht (und oft genug nur was er sieht). Jeder hat wohl zumindest in der Kinderzeit schon einmal billige Süßspeisen - Puddings, Eis, Bonbons - genossen, die sich in erster Linie durch die Farbe unterscheiden: Gelb = Vanille, Braun = Schokolade, Rot = Frucht, ansonsten (fäst) nichts als Zucker - den Rest erledigt die Phantasie. Mit den ungiftigen und völlig geschmacksneutralen Lebensmittelfarben lassen sich hier die schönsten Experimente machen: Sahnetorte in Grün, Nudeln in Violett ... - widerlich, dabei wird der Geschmack in keiner Weise verändert! Wenn aber der Wein schön sattrot oder blank weiß im Glase steht, dann ist man immer geneigt, auch einen guten, blitzsauberen Tropfen zu erwarten - und das nicht ganz zu Unrecht.

Umgang_Mit_Wein_01

Lichtstrahlen direkt von einer Lichtquelle ausgehen oder von Oberflächen reflektiert worden sind, fällen durch die Linse auf die Netzhaut, die mit lichtempfindlichen Sinneszellen ausgekleidet ist. Die Reize der Sehzellen werden über Nervenzellen an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. Die Lichtstärke, die in das Auge einfallt, wird durch die Blendenöffnung der Pupille geregelt, die Sehschärfe durch die Wölbung der Linse. Zwei Typen von Sehzellen teilen sich dabei die Aufgaben:

die Stabchen sind farbenblind und ausschließlich zuständig für das Helldunkelsehen, die Zapfen dienen in erster Linie dem Farbensehen und versagen bei schwacher Beleuchtung (bei Nacht sind alle Katzen grau). Das Auge erfaßt nichts anderes als Lichtintensität (hell-dunkel) und Farben, und doch liefert es eine Fülle von Informationen. Einzelwahrnehmungen wie Oberflächenstrukturen, Formen und Bewegungen werden jedoch erst im Gehirn anhand von Erfahrungswerten zu einem brauchbaren Bild der Welt zusammengesetzt.

Der optische Apparat ist kompliziert, ungleich komplizierter ist aber die Verarbeitung durch ungezählte

Nervenschaltstellen und im Gehirn. Die Leistungen des menschlichen Auges sind durch die begrenzte optische Auflösung natürliche physikalische Grenzen gesetzt, wenn die betrachteten Objekte sehr klein sind. Denken Sie an den Rasterdruck einer Zeitung: alles, was feiner strukturiert ist als das Raster, verschwimmt. Das Raster des menschlichen Auges sind die Lichtsinneszellen auf der Netzhaut, ihre Dichte begrenzt die Trennschärfe der Wahrnehmung. Liegen zwei sehr feine Punkte sehr eng nebeneinander, werden sie nicht mehr einzeln wahrgenommen, sondern verschwimmen. So erscheint eine Papieroberflache mit bloßem Auge ziemlich glatt, in zehnfacher Vergrößerung offenbart sich aber schon ihre faserige Struktur und der vermeintlich exakte Tintenstrich wird zu einem unordentlich ausgefransten, langgezogenen Klecks. Daher kann man leider (oder zum Glück) Bakterien nicht mit bloßem Auge sehen, und schon gar keine Moleküle, selbst wenn es sich um sehr kompliziert gebaute organische Stoffe handelt, dazu bedarf es eines Elektronenmikroskops.

Im Wein sind alle erwünschten Inhaltsstoffe - Zucker und Alkohol, Säuren, Farb- und Aromasubstanzen und vieles andere mehr - in gelöster Form enthalten, d.h. sie schweben als Moleküle in der Flüssigkeit. Im Durchlicht muß der Wein daher völlig klar erscheinen. Sind Trübungen erkennbar, also fein verteilte schwebende Partikel, dann handelt es sich um Verklumpungen von meist unerwünschten Stoffen - im harmlosen Fall sind das Gerb- und Farbstoffe in älteren Rotweinen, die unschädlich sind, vielleicht aber auch Bakterienklumpen, die auf eine mikrobielle Verseuchung hinweisen. Mit dem Auge lassen sich Farben erkennen, aber nicht nur die Farben als solche, sondern auch Farbmischungen bis hinzu feinsten Abtönungen, Verunreinigungen und Farbintensitäten, also Tiefe oder Blässe einer Farbe. Das Auge laßt sich aber auch leicht täuschen, denn es sieht die Objekte nicht für sich allein, sondern im Verhältnis zur Umgebung. Nehmen Sie nur einmal etwas Grünblaues (oder Blaugrünes) zur Hand, ein Kleidungsstück vielleicht. Halten Sie es vor einen tiefblauen Hintergrund - es erscheint zweifelsfrei grün.

Plazieren Sie es dann vor eine grasgrüne Flache - jeder würde sagen, es ist blau.

Auch das Auge, so präzise es auch in seiner Wahrnehmung ist, sieht keine absoluten Wahrheiten, sondern Kontraste und Relationen. Gehen Sie so nahe wie möglich an eine Lampe heran, und schließen Sie die Augen. Sie sehen Orangerot, weil das Licht die gut durchbluteten Augenlider durchstrahlt (direkt mit der Sonne funktioniert das Experiment noch besser, aber die ist ja leider nicht immer verfügbar). Warten Sie eine Weile, und genießen Sie die angenehm warme Farbe. Dann wenden Sie sich von der Lichtquelle ab und öffnen sofort die Augen - die garnze Welt ist in Blau getaucht. Das Auge hat sich an die Gelbrottönung gewöhnt und gleicht sie unbewußt aus. Fällt der Gelbton dann weg, wird Blau stärker als normal wahrgenommen. Das Auge braucht eine Weile, bis es den ausgewogenen Normalzustand wiederhergestellt hat. In einem ähnlichen wechselseitigen Verhältnis stehen übrigens auch die Farbeindrücke Rot und Grün.

Umgang_Mit_Wein_02

Daraus laßt sich ableiten, wie bedeutsam bei der Weinprobe die richtige Beleuchtung ist. Hell soll sie sein, aber nicht grell. Weil das Auge sich anpaßt, ist absolut weißes Licht nicht notwendig - vor allem aber auch nicht wünschenswert, weil außerordentlich kalt und unbehaglich.

Im privaten Rahmen sollten Sie nur darauf achten, daß Sie den Wein möglichst immer bei gleichen Lichtverhältnissen betrachten, am besten bei Lampenlicht, das an einer weißen Oberflache (hier bietet sich ein glattes, ungemustertes weißes Tischtuch ideal an) reflektiert wird. Selbstverständlich ist farbiges Glas bei einer ernsthaften Weinprobe verpönt. Es stört nicht nur die eigentliche Farbwahrnehmung, sondern beeinflußt auch unterschwellig die Empfindungen. So empfindet man Blautöne als kühl und hart, Gelbtone als warm und weich - entsprechend kann eine Glastönung den (vermeintlichen) Geschmackseindruck beeinflussen oder zumindest ein Gefühl der Unstimmigkeit auslösen. Der Weißwein wird, was die Farbe betrifft, oft etwas stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sein Farbspektrum bei genauem Hinsehen sehr vielfaltig, es reicht von Zartgrün über Hellgelb bis zum tiefen Goldton.

Ein vielbesprochenes, ja vielbesungenes Thema hingegen ist das Rot des Weines - spielt doch die Farbe Rot im

menschlichen Bewußtsein eine ganz besondere Rolle: Rot wie Blut, Rot wie die Liebe, Rot wie Gefahr. Keiner kann sich wohl der Faszination eines tiefroten Weines im Glase entziehen: funkelnd, unergründlich - eine Farbe, die Begehrlichkeit weckt. Der deutsche Rotwein ist in dieser Hinsicht übrigens von Natur aus etwas benachteiligt. Denn die Bildung der roten Farbstoffe (Pigmente) in den blauen Beerenschalen (das Beerenfleisch der blauen Traubensorten ist ebenso farblos wie das der weißen) ist abhängig von intensiver Sonnenbestrahlung. Deutsche Rotweine geraten daher im Vergleich zu den südlandischen oft etwas heller, mit einer blassen Farbe verbindet man aber spontan, oft zu Unrecht, auch einen "blassen", leichten Wein. Um solche Voreinsenommenheit zu umgehen, behilft sich der Winzer gelegentlich mit dem Zusatz von Färbertrauben, eigens zu diesem Zweckgezüchteter farbintensiver Rotweinsorten, die dem Wein die begehrte Farbtiefe verleihen. Aber ob nun dunkel- oder hellrot: lassen Sie sich nicht täuschen - dafür haben deutsche Rotweine ganz eigene geschmackliche Qualitäten, die sich auf der Zunge und am Gaumen erweisen. Doch dazu im folgenden mehr.