Süditalien

Süditalien

Im Süden Italiens, dem "Mezzogiorno", stehen fast 250.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzflächen unter Reben. Mit ca. 16,5 Millionen Hektoliter Wein jährlich stellt der Süden annähernd ein Viertel der gesamten italienischen Weinproduktion. Ein Teil dieses weitgehend bäuerlichen Weins verbleibt in der Region selbst, ein weit größerer wird hingegen fassweise in andere Regionen gebracht, dort mit anderen, meist leichteren Gewächsen zu preiswerten Tafelweinen verschnitten oder zur Eindämmung der europaweiten Überproduktion mit Hilfe staatlicher und EU-Subventionen zu Weinbrand oder Industrie-Alkohol destilliert. Nur ein verschwindend geringer Teil der Produktion besteht aus Qualitätsweinen, deren Spitzen allerdings hervorragend sein können. Diese edlen Gewächse haben den großen Vorteil, dass sie im Vergleich zu den Weinen aus Mittel-und Norditalien immer noch sehr preiswert sind.

Kampanien

Die große Region an der malerischen Westküste rund um Neapel war bereits im antiken Rom für feine Weine hoch geschätzt. Namen wie Massiker, Surrentiner und vor allem Falerner tauchen in der antiken Literatur immer wieder auf und wurden in den höchsten Tönen gepriesen. Damals brachte der Anbau der Weintrauben für die berühmten Weine vielen in der Region Arbeit und - wenn auch nicht Wohlstand -täglich Lohn und Brot. Heute hat sich das Bild gewandelt: Die latente wirtschaftliche Misere und die Flucht der Landbevölkerung in die Städte vor allem Norditaliens, aber auch ganz Nordeuropas, hat auch den Elan des Weinbaus in Mitleidenschaft gezogen.

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Heute stehen in Kampanien 50.000 Hektar unter Reben.

Jährlich erzeugen die kampanischen Winzer rund 2 Millionen Hektoliter Wein. Von dieser Rebfläche sind nur gut 1000 Hektar für die Produktion von DOC-Weinen ausgewiesen, und dementsprechend liegt der Anteil dieser Weine mit nur knapp 50.000 Hektolitern bei weniger als zwei Prozent der Gesamterzeugung. Das ist der niedrigste DOC-Anteil in ganz Italien.

Die besten Weine der landschaftlich reizvollen Region kommen aus der Nähe des Vesuvs im Umkreis der Hafenmetropole Neapel. Nördlich von Neapel hat man den legendären Falerner in seinem antiken Entstehungsgebiet als DOC-Wein wiederbelebt. Die heutigen roten Falerno-Weine werden aus Aglianico mit Zusätzen des Primitivo bereitet und sind sehr kraftvoll und konzentriert. Ob sie aber- wie ihr antikes Vorbild - 100 Jahre halten, darf bezweifelt werden. Der Falerno Bianco ist wesentlich leichter und wird aus der Falanghina-Traube gekeltert. Etwas weiter östlich liegen drei winzige DOC-Bereiche, aus denen potenziell guter Wein kommt, wenn er denn überhaupt bereitet wird. Denn anscheinend hat man -eine generelle Erscheinung in Süditalien - oftmals wenig Interesse, die teilweise neu eingerichteten DOC-Gebiete auch wahrzunehmen, sodass in einigen nur ein Bruchteil der Mengen erzeugt wird, die die DOC-Regelung gestattet. Aus der jungen DOC Sant Agata de Goti kommen Rot-, Weiß- und Roseweine, die sich kaum von den bodenständigen Gewächsen unterscheiden, die hier vorher als Tafelweine erzeugt wurden.

Die angrenzende DOC Solopaca bringt sehr ähnliche Weine hervor.

Lediglich die DOC Taburno erhebt sich mit ihren substanziellen Rotweinen aus der Aglianico-Traube deutlich über dieses Niveau. Südlich von Neapel, an den Abhängen des Vesuvs, entsteht der DOC Vesuvio. Immer wieder von Ausbrüchen des Vulkans beeinträchtigt, wird hier seit der Antike Wein erzeugt. Der moderne Vesuvio ist in allen Variationen ein einfacher Wein, der für den schnellen Konsum in der nahen Metropole gedacht ist. Die besseren, gehaltvolleren Gewächse werden als DOC Lacryma Christi del Vesuvio etikettiert. Weiter nordöstlich entsteht rund um die Stadt Avellino aus der Fiano-Traube der beste Weißwein Kampaniens.

Manche Abfüllungen des DOC Fiano di Avellino vertragen einige Jahre Flaschenreife und beeindrucken dann mit einem differenzierten Bukett, mit Tiefe und Komplexität. Nördlich davon liegt die Heimat des DOC Greco di Tufo, des einzigen ernst zu nehmenden Rivalen des Fiano um die Weißweinkrone Kampaniens. Der Greco di Tufo aus der antiken Greco-Traube kommt von vulkanischem Gestein rund um den Ort Tufo und einige Nachbarorte. Er ist etwas weniger langlebig als der Fiano di Avellino, dafür fruchtiger und frischer.

Der überragende Wein Kampaniens jedoch ist der rote Taurasi, der etwas weiter östlich entsteht.

Er wird aus dem Aglianico erzeugt und ist sehr langlebig. Wegen seines hohen Tanningehalts benötigt er immer viele Jahre Flaschenreife, in denen er zu einem tiefgrundigen, konzentrierten und sehr vornehmen Wein heranreift. Der Taurasi ist der einzige Wein Kampaniens, der in die höchste Qualitätskategorie DOCG eingestuft ist. Weiter südlich an der Küste liegt der große DOC-
Bereich Cilento, der erst vor wenigen Jahren eingerichtet worden ist. In der Art oder Qualität der schlichten Weiß-, Rose- und Rotweine hat sich diese "Beförderung" bisher nicht niedergeschlagen. Wichtige Produzenten sind u.a. Mastro-Berardino, Villa Matilde, Cantine Gran Furor, De Lucia, Michele Moio, Salvatore Molettieri, Viticoltori de Concilis, Montevetrano, Feudi di San Gregorio, Antonio Caggiano und Fontanavecchio.

Molise

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Die kleine - nur das Valle d'Aosta ist noch kleiner - und sehr dünn besiedelte Region bringt nur wenig Wein hervor. Die Rebfläche beträgt nur 10.000 Hektar, auf denen pro Jahr rund 500.000 Hektoliter Wein erzeugt werden. Der überwiegende Teil ist bäuerlicher Landwein, der nicht von überregionalem Interesse ist. Von kommerzieller Bedeutung ist nur eine einzige DOC, die DOC Biferno an der Grenze zu Apulien. Der Sortenspiegel ist eindeutig an die Abruzzen angelehnt, Trebbiano und Montepulciano überwiegen. Die Weißweine sind frisch und spritzig, der Rose unter Zusätzen von Aglianico gehaltvoll und der Rosso in der einfachen Versionun kompliziert und süffig. Einige Spitzenerzeugnisse aus dem Hause Masseria di Majo Norante übertreffen dieses Niveau deutlich, nehmen die DOC allerdings teilweise gar nicht in Anspruch, sondern werden als Tafelweine klassifiziert.

Apulien

Aus der Region Apulien (Puglia) kommen neben Sizilien die größten Mengen Wein in ganz Italien. Allein in dieser Region im Südosten des Landes gibt es 50 Prozent mehr Rebflächen als in ganz Deutschland. Ca. 150.000 Hektar Rebland bringen jährlich rund 12 Millionen Hektoliter Wein hervor. Davon tragen allerdings nur etwa 250.000 Hektoliter das DOC-Prädikat. Sie kommen aus insgesamt 25 DOC-Gebieten, von denen eigentlich nur zehn eine überregionale Bedeutung besitzen. Direkt an der Grenze zu Molise im Norden und angrenzend an die dortige DOC Biferno liegt in Küstennähe die DOC San Severo.

Hier entstehen größere Mengen feinfruchtiger weißer Trebbiano sowie Rot- und Roseweine aus Montepulciano und

Sangiovese. Südlich schließt die DOC mit dem exotischen Namen Cacc'e Mmitte di Lucera an. Aus der Uva di Troia wird ein leichter Rotwein bereitet, dessen größter Vorzug seine Jugendlichkeit ist. Im gesamten Bereich Apulien außer auf der Halbinsel Salento darf aus der Aglianico-Traube der DOC Aglianico di Puglia produziert werden, ein schwerer süßer Strohwein aus rosinierten Trauben.

Westlich von Bari erstreckt sich rund um das berühmte Jagdschloss des Stauferkaisers Friedrich II. das Anbaugebiet Castel del Monte, eines der bekanntesten Apuliens. Die frischen, leichten Weißweine werden in aller Regel von den überaus fruchtigen Roseweinen und den gehaltvollen, alterungsfähigen Rotweinen bei weitem übertroffen. Weiter südlich liegt der kleine Weinbauort Locorotondo, in dem aus der Verdeca- und der Bianco d'Alessano-Traube der weiße DOC Locorotondo erzeugt wird. Er gilt wegen seiner feinen Art als bester Weißwein Apuliens. Der Süden der Region, die Halbinsel Salento, bildet den "Absatz" des italienischen Stiefels. Westlich der Hafenstadt Brindisi liegt die gleichnamige DOC für süffige Roses und tieffarbige, konzentrierte Rotweine aus der Negroamaro-Traube.

Der beste rote Brindisi trägt den Namen Patriglione.

Von gleicher Qualität ist der in der Nähe, aber außerhalb der DOC-Zone erzeugte Tafelwein Notarpanaro. Östlich von Brindisi, in der DOC Squinzano werden aus derselben Traube sehr ähnliche Weine bereitet. Weiter südlich entstehen die kraftvollen und schweren Rot- und Rose weine der DOC Salice Salentino. Die besten Roten erlangen nach einiger Zeit der Reifung eine gewisse Feinheit, die Rose ssollten jung getrunken werden und präsentieren sich körperreich und kräftig. Der berühmteste ist der Five Roses, gleichsam die Erwiderung Süditaliens auf den Tavel von der Rhöne. An Salice Salentino schließt die DOC Leverano an, deren Weine sich vom Squinzano kaum unterscheiden. Schließlich besitzt noch die DOC Copertino einige Bedeutung wegen ihrer duftigen Roses und massiven Rotweine aus dem Negroamaro. Bekannte Erzeugerbetriebe sind u.a. Rosa del Golfq Rivera, Sinfarosa, La Mea, Santa Lucia, Antica Masseria del Sigilio, Cosimo Taurino, Cantele, Conti Zecca, Pervini, Leone de Castris und Francesco Candido.

Basilikata

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In der kleinen Weinbauregion zwischen Apulien, Kampanien und Kalabrien entstehen auf rund 10.000 Hektar Rebflächen die Trauben für jährlich ca. 500.000 Hektoliter Wein. Nur ein einziger Wein der Basilicata besitzt DOC-Status: der Aglianico del Vulture von den Abhängen des erloschenen Vulkans Monte Vulture. Wie der DOCG Taurasi aus Kampanien wird er aus der Aglianico-Traube erzeugt, der qualitativ besten Rotweintraube Süditaliens. Der Aglianico del Vulture ist ein herausragender Rotwein:

In seiner Jugend tanninreich und verschlossen, reift er über Jahre in der Flasche zu einem

tiefgründigen, konzentrierten und samtigen Rotwein heran, der zu den Topstars Süditaliens gehört. Etwas außerhalb der DOC-Zone liegen die Weinberge des roten IGT Canneto, der in besonders günstigen Jahren den Aglianico del Vulture an Qualität jedoch sogar noch übertreffen kann. Top Ezeuger sind u.a. Basilium, Consorzio Viticoltori Associati del Vulture, Paternoster, Progetto di Vino, Tenuta le Querce, D'Angelo, Armando Martino und Terre degli Svevi.

Kalabrien

Die Weinberge Kalabriens liegen verstreut an besonders günstigen Steilhängen der wilden und zerklüfteten Berglandschaft. 30.000 Hektar sind mit Reben bestockt, die jedes Jahr rund zwei Millionen Hektoliter Wein liefern. Der bekannteste und beste Wein ist der sagenumwobene DOC Cirö von der Ostküste Kalabriens. Aus der lokalen Rebsorte Gaglioppo werden körperreiche und alkoholstarke Rot- und Roseweine bereitet, die dennoch nicht plump wirken, sondern nach einigen Jahren zu schweren, delikaten Tropfen heranreifen. Der Weißwein besteht aus dem Greco und zeichnet sich durch seine Kraft aus, die ihn in eine Reihe mit den besseren Weißweinen Süditaliens stellt.

Um den roten Cirö rankt sich die Legende, römische Athleten seien in der Antike nach ihrer erfolgreichen Teilnahme an

den Olympischen Spielen mit diesem Wein belohnt worden. An der Westküste liegen die beiden DOC-Gebiete Savuto und Donnici. Sowohl der leichte, süffige rote Donnici als auch der kräftigere, dunklere Savuto werden kaum noch produziert. Lediglich Giovan Battista Odoardi hält mit seinem tiefgründigen Savuto von alten Rebstöcken aus steilen Lagen die Tradition noch einigermaßen aufrecht. Ganz im Süden Kalabriens entstehen in der DOC Greco di Bianco aus dem Greco Bianco alkoholreiche bernstein-farbene Strohweine aus teil-rosinierten Trauben, die zu den besten Süditaliens zählen. Wichtige Erzeuger sind u.a. Fattoria San Francesco, Caparra & Siciliani, Librandi, Giovan Battista Odoardi, Cantine Lento und Statti.