Weinbau

Weinbau

Wein ist keine Erfindung des Menschen, er ist mit Sicherheit schon viel älter als die Menschheit. Er entsteht nähmlich gewissermaßen von selbst, und das bereits seitdem es Trauben tragende Weinpflanzen gibt. Wenn die vollreifen Trauben im Herbst bei günstiger Witterung von den urzeitlichen Wildpflanzen zu Boden fielen und mit den in der Umgebung-lebendenWildhefen in Berührung kamen, gingen sie in Gärung über- wie viele Wildfrüchte auch heute noch.

Es ist stark davon auszugehen, dass bereits die frühstein zeitlichen Menschen dieses und auch die Wirkung des

entstehenden Alkohols sehr schnell erkannt haben. Wer einmal gesehen hat, wie Paviane, Schimpansen und sogar Elefanten sich in Scharen um die gärenden Früchte des Affenbrotbaumes sammeln und sich daran bis zur Raserei berauschen, wird kaum umhin können, ein ähnliches Verhalten auch für unsere steinzeitlichen Vorfahren zu konzedieren.

Die Anfänge

Eines der wichtigsten kulturgeschichtlichen Ereignisse hin zum modernen Menschen war in der Jungsteinzeit die Sesshaftwerdung, die Aufgabe des Nomadendaseins und die Gründung dauerhafter Wohnstätten. Damit einher ging die Domestizierung der wichtigsten Pflanzen- und Tierarten. Aus Wildgräsern wurde Getreide, aus Wölfen wurden Hunde und aus den wilden Weinranken der Spezies Vitis Vinifera Silvestris die "Weinbringende", Vitis Vinifera.

Die neu entstandenen Siedlungen wurden durch einen religiös-politischen Hintergrund zusammengehalten, in dem der oberste weltliche Herrscher meist auch der oberste religöse Führer war. Es bildeten sich so genannte Hochkulturen, und zwar vornehmlich an besonders günstigen Orten wie fruchtbaren Flussläufen, in Insellagen oder an bestimmten Küstenabschnitten.

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Die ältesten Hochkulturen entstanden vor mindestens 5000-6000 Jahren im fruchtbaren

Zweistromland Mesopotamien an Euphrat und Tigris, in Kleinasien, auf Kreta sowie entlang des Nils in Ägypten. Aus dem nördlichen Randbereich Mesopotamiens, aus dem kaukasischen Raum, stammt die Wildrebe, von der unsere Edelreben alle abstammen.

Durch archäologische Zeugnisse nachweisbar, breitete sie sich von hier aus ab ca. 3500 vor Christus im- wenn man die damalige Bevölkerungsdichte und Infrastruktur bedenkt - kurzen Zeitraum von nur 1000 Jahren geradezu rasant über alle Hochkulturen aus. Später- um 1200-1000 vor Christus- verbreiteten die Phönizier und nach ihnen die Griechen- ab 800 vor Christus- den Weinbau über den ganzen Mittelmeerraum, wobei die Griechen in Italien wohl schon auf vorhandenen Weinbau der Etrusker stießen.

Nach dem Aufstieg Roms zur Großmacht im 2. Jahrhundert vor Christus waren es die

römischen Legionen, die den Weinbau in Europa intensivierten und bis an seine nördliche Klimagrenze trugen gelegentlich sogar darüber hinaus. Den Untergang des Römischen Reiches und das Frühmittelalter überdauerte der Weinbau im Schutze der katholischen Klöster, um dann mit dem Aufstieg des Abendlandes im Mittelalter seine weiteste Verbreitung zu finden. Allein in Deutschland waren damals viermal so viele Flächen mit Reben bestockt wie heute.

Wein wurde bis an die Ostsee angebaut. Allerdings wurde damals mehr auf Quantität als auf Qualität geachtet. Mit einsetzendem Qualitätsbewusstsein bestockte man die besten Lagen mit den edelsten Rebsorten, und viele mindere Lagen rentierten sich mit der Zeit nicht mehr.

Moderner Weinbau

Den härtesten Einschnitt und eine ganz neue Ara des Weinbaus brachten die Plagen, die aus Nordamerika nach Europa kamen. 1847 brach in Frankreich die Pilzerkrankung Echter Mehltau (Oidium tuckerii) aus. Schlimmer noch war die Reblauskatastrophe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eingeschleppt aus Nordamerika, vernichteteder winzige Schädling innerhalb weniger Jahrzehnte beinahe den gesamten europäischen Weinbau.

Zwar fand man mit dem Pfropfen europäischer Edelreiserauf resistente amerikanische Wurzelstöcke recht bald ein adäquates Gegenmittel, doch die althergebrachten Strukturen des Weinbau waren vielerorts für immer zerstört. Mit den amerikanischen Wurzelstöcken schleppte man dann gleich die nächste schwere Pilzkrankheitein, den Falschen Mehltau (Peronospora), der ab 1882 die Reste der verwüsteten Weinberge heimsuchte.

Viele vor allem zweitrangige Rebflächen wurden gar nicht erst wieder neu bestockt, sondern anderen Nutzungen

zugeführt. Der verbliebene bzw. neu entstehende Weinbau ging nun ähnlich wie andere Bereiche der Landwirtschaft -in ein neues Stadium des wissenschaftlich fundierten, intensivierten und qualitativ orientierten Wirtschaftens über, das alle Bereiche der Weinerzeugung umfasste.

Nichts blieb nun mehr dem Zufall überlassen, und die fortschreitende Mechanisierung sorgte gemeinsam mit der Auswahl immer besser geeigneten Pflanzen-materials dafür, dass trotz drastisch geschrumpfter Anbauflächen mehr und besserer Weinerzeugt werden konnten als jemals zuvor - der Vorgang der Umwandlung von Zucker durch Hefen in Alkohol ist freilich derselbe geblieben wie vor 5000 Jahren.