Bordeaux

Bordeaux

Die Anfänge des Weinbaus im Bordelais liegen im Dunkel der Geschichte verborgen. Während fur das Rhönetal der Weinbau für das 1. Jahrhundert nachgewiesen ist, fehlen in Bordeaux die entsprechenden archäologischen Zeugnisse. Doch kann man davon ausgehen, dass mit den Römern der Weinbau auch nach Bordeaux gekommen ist. Das älteste literarische Zeugnis des Weinbaus in Bordeaux stammt von Ausonius (310-394), dem römischen Dichter, der aus Bordeaux stammte. Zuverlässig sind die Angaben des Ausonius deshalb, weil es sein eigenes Weingut von 25 Hektar Größe war, über dessen Bewirtschaftung er berichtete. Heute erinnert der Name von Chäteau Ausone, dem 1er Grand Cru Classe A aus St.-Emilion, an den großen Dichter. Mit dem Aufstieg des Abendlandes aus dem Dunkel des frühen Mittelalters stieg auch der Bedarf nach Wein in Europa. Im 12. Jahrhundert war der Weinbau in Graves, Entre-Deux-Mers und in Teilen des Libournais fest verankert. Das älteste noch existierende Weingut ist Chäteau Pape-Clement in der heutigen AC Pessac-Leognan.

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Es trägt den Namen von Papst Klemens V. (1305-1314), der vor seiner Wahl zum Papst

als Bertrand de Goth Erzbischof von Bordeaux gewesen war und das Gut 1300 gegründet hatte. 1305 schenkte er das Weingut der Stadt Bordeaux und widmete sich fortan mehr dem Wein, der rund um seinen neuen Amtssitz Avignon wuchs. Bereits damals richtete sich Bordeaux auf Grund der engen Beziehungen Frankreichs mit England sehr auf den Export seiner Weine ein. Weine aus Bordeaux genossen in England zahlreiche Steuerprivilegien, und so exportierte Bordeaux im 14. Jahrhundert ein Viertel seiner Weinproduktion nach England.

Das Medoc war bis in das 17. Jahrhundert ein von Sümpfen durchzogenes Weideland und für den Weinbau nicht zu gebrauchen. Erst nach der Trockenlegung durch holländische Spezialisten kam die Weinrebe auch hierher. Die großen und berühmten Güter des Haut-Medoc wurden dann gegen Ende des 17. Jahrhunderts angelegt. Im Vedaufe des 18. Jahrhunderts entstanden dann die meisten der großen Handelshäuser, ohne die der Bordeaux-Wein sicher nicht die Reputation hätte, die er überall in der Welt besitzt.

1852 trat der Echte Mehltau erstmals auf und wütete sechs Jahre lang, bis 1858 das Spritzen mit Schwefel, Kupfer und

Kalk, der Bouille Bordelais, als wirksame Maßnahme entdeckt wurde. Interessant ist, dass die große, mit einer Änderung bis heute gültige Klassifikation der Medoc-Güter von 1855 zu einer Zeit erstellt worden ist, als der Weinbau in Bordeaux durch den Echten Mehltau fast völlig zum Erliegen gekommen war. Als Maßstab für die Klassifizierung galt dann auch nicht die aktuelle Weinqualität, sondern die durchschnittlichen Verkaufspreise, die die Güter für ihre Weine erzielten. Der Befall der Weinberge durch die Reblaus 20 Jahre später leitete eine Ära des Niedergangs ein, die sich mit dem Ersten Weltkrieg, der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fortsetzte. Heute ist das Anbaugebiet Bordeaux sicherlich das bemerkenswerteste der ganzen Welt. Nirgendwo sonst entstehen in einer so großen Zahl herausragende Rotweine und trockene sowie edelsüße Weißweine wie im Umkreis der südwestfranzösischen Hafenstadt.

Mit über 100.000 Hektar Rebfläche ist das Weinbaugebiet Bordeaux allein schon etwa genauso groß wie alle deutschen Rebflächen zusammen. Gerade wegen seiner Größe ist Bordeaux allerdings kein einheitliches Gebiet, sondern umfasst mehr als 50 Teilappellationen, von denen allerdings "nur" etwa 35 in Gebrauch sind. Um die Verwirrung komplett zu machen, bestehen in den verschiedenen Teilen des Weinbaugebietes unterschiedliche Systeme der Cru-Klassifizierungen.

Das Château-Modell

Klassifizierungseinheit ist in Bordeaux nicht wie in Burgund das Land, sondern das Weingut oder Château. Wenn ein Gutsbesitzer von einem besser oder schlechter eingestuften Nachbarn Grund kauft und ihn seinem Besitztum hinzufügt, dann wird dieses Stück Land bei entsprechender Eignung dieselbe Einstufung wie die bereits in Château-Besitz befindlichen Anbauflächen bekommen. Weinberge können also bei einem Besitzerwechsel die Rangskala nach oben oder unten klettern.

Als Beispiel sei Château Gloria genannt, ein vorzügliches Gut in St-Julien. Es entstand nach dem Zweiten Weltkrieg durch Aufkauf von Land benachbarter Crus Classés. Vor der Veräußerung waren die Rebgärten also klassifiziert, aber weil der neue Eigentümer ein in keiner Rangskala vertretenes Château besaß, wurden sie auf Cru-Bourgeois-Ebene heruntergestuft. Umgekehrt erweiterten viele klassifizierte Betriebe ihre Besitztümer durch Aufkauf angrenzender Cru-Bourgeois-Flächen. Als die Rothschilds auf Château Lafite das Nachbargut Château Duhart- Milon erwarben, hätten sie theoretisch den gesamten dort bereiteten Wein als Lafite ausgeben können.

Begründen lässt sich diese scheinbare Ungerechtigkeit damit, dass ein Château eher als Marke anzusehen ist denn

als ein Stück Land. Seine Identität und kontinuierliche Qualität hängen letztendlich von den Entscheidungen des Besitzers ab. Wie ernst Eigentümer diese Verantwortung nehmen, lässt sich an der wachsenden Zahl von "Zweitweinen" ermessen - Erzeugnissen aus Posten, die den selbstauferlegten Qualitätsmaßstäben nicht ganz genügen.

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1855 wurde mit Ausnahme von Château Haut-Brion in Graves nur das Médoc klassifiziert. Die Rangfolge ist in fünf Klassen unterteilt, wobei betont wird, dass die Auflistung innerhalb der Klassen keine Bedeutung hat. Nur ein einziges Mal wurde bisher eine Änderung vorgenommen: 1973 erhob man Mouton-Rothschild vom Deuxième Cru in den Rang eines Premier Cru. St-Emilion hat ein anderes System. Dort wird die Klassifikation mit Grands Crus Classés und den noch höherwertigen Premiers Grands Crus Classés ungefähr alle zehn Jahre überarbeitet - das letzte Mal 2006. Einige Besitzer herabgestufter Güter gingen gerichtlich gegen die neue Rangordnung vor, woraufhin sie bis auf Weiteres für ungültig erklärt wurde.

Crus Bourgeois und Petits Châteaux

Die besten nicht klassifizierten Médoc-Güter wurden 1932 unter dem Begriff Crus Bourgeois zusammengefasst. Im Lauf der Jahrzehnte aber schwoll die Zahl der Güter stark an. Heute ist das Prädikat kein verlässliches Qualitätskriterium mehr. Das gilt auch für die Bezeichnungen Cru Artisan und Cru Paysan.

Sie werden gelegentlich für Weingüter verwendet, die in ihrer Qualität und Größe hinter Betrieben der Cru-Bourgeois-Stufe rangieren.

Anfang 2000 wurde das Cru-Bourgeois-Konzept überarbeitet.

Ein aus Vertretern verschiedener Sektoren des Weinhandels in Bordeaux zusammengesetztes Gremium prüfte, welche der 419 Crus Bourgeois ihren Status noch verdienten. 2001 legte das Landwirtschaftsministerium drei Kategorien fest: Crus Bourgeois, Crus Bourgeois Supérieurs und Crus Bourgeois Exeptionnels. Alle zehn Jahre sollte neu entschieden werden, wer Anrecht auf welche Bezeichnung hatte.

Die neue Klassifikation wurde 2003 bekannt gegeben. Man hatte die Zahl der Crus Bourgeois radikal auf nur 240 Güter zusammengestrichen. Insgesamt 86 davon durften die Bezeichnung Bourgeois Supérieur und ganze neun den Adelstitel Cru Bourgeois Exceptionnel tragen - nämlich Chasse-Spleen, Haut-Marbuzet, Labégorce-Zédé, de Pez, Ormes de Pez, Phélan Ségur, Potensac, Poujeaux und Siran. Einige der leer ausgegangenen Güter warfen dem Gremium daraufhin vor, nicht korrekt bewertet zu haben, und gingen vor Gericht. Nach einem endlosen Hin und Her wurde 2007 die gesamte Klassifikation von 2003 für nichtig erklärt und im Prinzip die längst überholte Rangordnung von 1932 wieder in Kraft gesetzt. Die Cru-Bourgeois-Häuser gründeten einen Zusammenschluss, Alliance genannt, der sich an die Erarbeitung neuer Regeln machte. 2009 soll die neue Klassifikation stehen.

In vielen Märkten spielt es kaum eine Rolle, ob ein Wein als Cru Bourgeois klassifiziert ist. In Frankreich und andernorts indes zählt der Titel noch etwas, was erklärt, warum so viele Besitzer sehnlichst auf eine neue Klassifikation warten. Nicht gerade einfacher wird das Ganze dadurch, dass eine Reihe von Gütern an den Côtes de Bourg und den Côtes de Blaye ebenfalls den Begriff Cru Bourgeois für sich in Anspruch nahmen. Die médocains klagten dagegen - und verloren.

Ein großer Teil der vielen tausend weniger berühmten Châteaux arbeitet heute für Genossenschaftskellereien, doch

picken sich négociants immer häufiger vielversprechende Betriebe aus der Masse heraus und verhelfen ihnen zu einer eigenen Marke.

Der aufgeschlossene Bordeaux-Liebhaber findet unter ihnen einige der Abfüllungen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis der französischen Weinlandschaft.

Klima und Böden

Bei allen lokalen Unterschieden im Kleinklima des riesigen Anbaugebietes gibt es drei große Faktoren, die für alle Regionen von Bordeaux von zentraler Bedeutung sind. Das sind die Einflüsse des Golfstroms, der ausgedehnten Wälder und der Gironde. Der Golfstrom ist die "Heizung" von Bordeaux. Die warme Meeresströmung des Atlantiks mildert im Winter die Temperaturen, während die riesige Wassermenge des Meeres im Sommer mäßigend und kühlend wirkt sowie Feuchtigkeit in Form von Regen spendet. Allerdings kann der Regen in Bordeaux auch reichlich ausfallen, was vor allem während der Blüte im Juni und zur Lesezeit ein Problem werden kann. Im Durchschnitt liegt die Regenmenge mit 900 mm/Jahr deutlich über den Werten im kontinental geprägten Landesinneren und im heißen Süden Frankreichs. Die ausgedehnten Kiefernwälder des Landes schützen die Weinberge von Bordeaux vor heftigen Winden und Stürmen, die sich über dem Atlantik zusammenbrauen und die Reben schwer schädigen sowie den Reifeprozess stören können.

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Schließlich regulieren die Wasserfläche der Gironde, des Mündungstrichters der beiden

Flüsse Garonne und Dordogne sowie die beiden Flüsse selbst das Kleinklima in den Weinbergen der verschiedenen Teilbereiche. Im Zusammenspiel der Auswirkungen aller Einzelfaktoren ergibt sich folgendes Bild: Sowohl Niederschlagsmenge als auch Durchschnittstemperaturen liegen ganz im Westen, im Medoc und in den Graves höher als in den Gebieten weiter im Osten. In Bordeaux von Weinbergen zu sprechen mutet ähnlich merkwürdig an wie in einigen Gebieten der Neuen Welt:

Das ganze Gebiet ist ein leicht welliges Flachland mit Höhenunterschieden von bestenfalls ein paar Metern. Nur den Steilabbruch von St.-Emilion könnte man als so etwas wie einen Weinberg bezeichnen. Wichtig für Art, Charakter und Qualität der Weine von Bordeaux sind die Böden, auf denen sie wachsen. Angesichts der gelegentlich sehr ergiebigen Regenfälle ist Entwässerung besonders wichtig. Hier sind weite Teile des Medoc, der Graves, Pomerols und St.-Emilions hervorragend gerüstet.

Mächtige Kiesschichten, auf denen die Reben stehen, bieten perfekte Drainage, und auch die kalksteinhaltigen Böden

von Entre-deux-Mers und Teilen von Pomerol und St.-Emilion sorgen dafür, dass die Reben keine. "nassen Füße" bekommen und die Trauben über die Maßen verwässert werden. Zwischen diesen für den Weinbau perfekt geeigneten Flächen gibt es immer wieder Wasserabflüsse und kleine Bäche, an denen schwere, feuchte Böden vorherrschen, die sich für den Weinbau nicht eignen. Auch die Areale in direkter Flussnähe, die Uferbereiche, eignen sich nicht für die Erzeugung feiner Weine.

Rebsorten

Angesichts der klimatischen und geologischen Situation bauen die Winzer in Bordeaux eine ganze Reihe verschiedener Rebsorten an. Dieser Rebsortenmix ist geradezu die "Lebensversicherung" der Winzer, denn wenn eine der Rebsorten auf Grund eines ungünstigen Witterungsverlaufs Einbußen erleidet, können diese durch die anderen Rebsorten zumindest zum Teil wieder aufgefangen werden. In Jahren, in denen der Merlot beispielsweise im Medoc durch seinen frühen Austrieb Frostschäden erleidet, kann der Cabernet Sauvignon trotzdem exzellent werden und so die Frostschäden des Merlot mildern. In St.-Emilion und Pomerol hingegen wird die Gefahr, dass der Cabernet Sauvignon auf Grund des insgesamt kühleren Klimas nicht zur Vollreife gelangt, dadurch gemindert, dass man verstärkt die ertragssicheren Merlot und Cabernet Franc anbaut und den Cabernet Sauvignon nur als Zusatzsorte verwendet. Für die Erzeugung von Rotweinen sind nur die Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Malbec, Petit Verdot und Carmenere zugelassen.

Die beiden letztgenannten sind heute lediglich Ergänzungssorten, die von den meisten Winzern kaum noch angepflanzt

werden, auch wenn in einigen Weingütern eine gewisse Renaissance dieser Sorten eingesetzt hat. Für die Herstellung von Weißweinen sind die Rebsorten Semillon, Sauvignon Blanc und der regionale Muscadelle zugelassen. Das Geheimnis des Bordeaux-Weins ist die Assemblage, der Verschnitt der verschiedenen Rebsorten. Welche Rebsorte dabei im Vordergrund steht, hängt - wie oben ausgeführt - von den Böden der jeweiligen Gegend und vom Witterungsverlauf des Jahres ab. Gelungene rote Bordeaux-Weine sind fest im Kern und gerbstoffbetont. Bei mittlerem Körper und moderatem Alkoholgehalt sind sie niemals schwer und fast immer elegant. Dabei besitzen sie ein betörendes Bukett mit Johannisbeer- und Kräuteraromen. Die Weißweine sind zumeist duftig, säurebetont und elegant, wobei die besten, charaktervollen und konzentrierten Gewächse zu den bemerkenswertesten Weißweinen der Welt zählen.

Die roten Rebsorten

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Die Château-Steckbriefe auf den folgenden Seiten enthalten Angaben über die Anteile der verschiedenen Traubensorten an der Gesamtrebfläche, soweit überhaupt bekannt. Alle klassischen roten Bordeaux-Rebsorten sind miteinander verwandt und stammen wohl von der antiken Biturica ab. Vor der Reblausinvasion wurden viele Trauben in mehr oder weniger zufälliger Mischung kultiviert. Nach den Verheerungen wählte man für die umfangreichen Neubestockungen fünf Sorten aus, die sich durch Fruchtbarkeit, Widerstandskraft und Eignung für die Böden des Bordelais sowie einen guten Geschmack auszeichneten. Uneingeschränkte Herrscherin im Médoc ist die Cabernet Sauvignon. Die ausgesprochen intensive, kleinbeerige Sorte liefert dunkle, tanninstarke Weine, die gelagert werden müssen, nach einer gewissen Zeit aber Tiefe und einen optimalen "Geschmackszuschnitt" entwickeln. Sie blüht gut und gleichmäßig, trägt relativ spät bei geringem Ertrag und ist weniger anfällig gegen Fäule als Trauben mit weicherer, dünnerer Schale. Da sie spät zur Reife gelangt, braucht sie warme Böden. Gut behagt ihr Kies, während der kältere Lehm von Pomerol wenig zufriedenstellende Ergebnisse erbringt.

Eine enge Verwandte ist die Cabernet franc mit größeren, saftreicheren Beeren.

Vor der Einführung der Cabernet Sauvignon im 18.Jahrhundert war sie die wichtigste Rebe des Bordelais. Noch heute findet man sie recht häufig, vor allem in Pomerol und St-Emilion, wo sie gelegentlich Bouchet genannt wird.

Ihre Weine haben weniger Tannin und Tiefe als die der großen Schwester, doch zeichnet sie ein köstlicher, weichfruchtiger Geschmack aus, der auch die Cabernet-franc-Erzeugnisse von Chinon und Bourgueil an der Loire charakterisiert. Ihre Schwächen sind - zumindest im Médoc - die recht unregelmäßige Blüte, ihre dünnen Schalen und einige minderwertige Klonenselektionen, die sich in Umlauf befinden.

Einen höheren Stellenwert hat heute die Merlot-Rebe. Sie treibt, blüht und reift früh und ist deshalb zwar anfällig für Spätfröste, kann dafür aber auch früher gelesen werden. Zudem sorgt ein hoher Zuckergehalt für mehr Alkohol. Leider braucht es während der Erntezeit nur ein paar Regentropfen und schon faulen ihre dichten Trauben. Ihr Wein gefällt durch seine gute Farbe und einen ebenso würzigen Geschmack wie ein Cabernet Sauvignon, ist dabei aber weicher und altert auch schneller. Im Médoc steigt der Merlot-Anteil und erreicht heute stellenweise sogar schon 50 Prozent. Mehr Bedeutung hat sie in Graves und vor allem St-Emilion. Ihre Hochburg aber ist Pomerol, wo sie bis zu 100 Prozent der Weinberge einnimmt. Sie verleiht einem Château Pétrus seine Opulenz.

Die vierte Rotweintraube des Bordelais ist die Petit Verdot, auch sie eine Cabernet-Cousine.

Geschmack und Alterungsfähigkeit dieser spät reifenden Sorte sind gut, doch blüht sie unregelmäßig und gebärdet sich auch sonst recht kapriziös.

Gleichwohl bereichert sie Weine durch Komplexität und "Rückgrat". Einen guten Stand hat sie in Margaux. Die fünfte Traube des Quintetts stand einst in hohem Ansehen, ist heute aber vorwiegend in St- Emilion und an den Côtes de Bourg zu finden: die Malbec alias Pressac, eine früh reifende Sorte mit großen, saftreichen Beeren und ernsthaften Blühproblemen (Verrieseln). Sie wird an der Gironde in erster Linie wegen ihres Ertragsreichtums kultiviert.

Paradoxerweise verarbeitet man sie in Cahors unter ihren Pseudonymen Auxerrois und Cot zum berühmten "schwarzen Wein". Noch bessere Ergebnisse erbringt sie im trockenen Klima der argentinischen Anden. Langfristig entwirft ein Château-Besitzer seine Erzeugnisse, indem er bestimmte Rebsorten in sein Portfolio aufnimmt und deren Anteile im Weinberg festlegt.

Die weißen Rebsorten

Die typische Weißwein-Anbaufläche eines Guts ist in Bordeaux mit zwei Haupttrauben und einer oder zwei Nebensorten bestockt, deren Anteile ebenso variieren wie bei den Roten.

Mindestens 90 Prozent der besten Weinberge gehören Sauvignon blanc und Sémillon. Die Sauvignon-Traube wird wegen ihres unverkennbaren, intensiven Geschmacks und ihrer guten Säure geschätzt, während die Sémillon wegen ihrer Reichhaltigkeit und Anfälligkeit für Edelfäule hoch im Kurs steht. In den Süßweinlagen von Sauternes wächst in der Regel mehr Sémillon, die eine oder andere kleine Parzelle aber reserviert man auch für die geschmacksintensivere Muscadelle.

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Leider gelangt die Sauvignon blanc in Bordeaux nur schwer zur Blüte.

Wer einen konstanten Prozentsatz dieser Traube in seinem Verschnitt gewährleisten will, muss ihr einen unverhältnismäßig hohen Anteil an Rebstöcken in seinen Weinbergen einräumen. Interessante Ergebnisse erbringt eine Variante namens Sauvignon gris, die von einigen Spitzenhäusern in Pessac-Léognan und Graves kultiviert wird. Seit Kurzem bereitet man außerdem einige ausgezeichnete frische, trockene Weiße sortenrein aus Sémillon. Ebenfalls vertreten sind in Bordeaux Ugni blanc, Folle blanche und Colombard.

Strenge Regeln

Für Bordeaux-Weine gelten strenge Regeln: Neben der Beschränkung auf die genannten Rebsorten gibt es für jede einzelne Appellation genaue Höchstertragsregelungen. Der einfachste Wein trägt die Appellation Bordeaux, beim Bordeaux Superieur werden bei geringeren Erträgen höhere Anforderungen an das Traubengut gestellt. Bereits diese preiswerten Weine stehen auf einem hohen Qualitätsniveau. Auf einem mittleren Preisniveau findet man eine sehr große Auswahl an hervorragenden Weinen, deren Preis-Leistungs-Verhältnis so leicht von keinem anderen französischen Anbaugebiet übertroffen wird.

Die besten und teuersten Gewächse aus dem Haut-Medoc, den Graves, aus St.-Emilion, Pomerol und Sauternes sind

in ihrer Art unvergleichlich, unübertroffen und wahrlich große Weine. Die Preisentwicklung gerade bei den Spitzengewächsen hat allerdings dazu geführt, dass die meisten Weinfreunde vom Genuss eines solchen Luxus-Tropfens lediglich träumen können. Diese hohen Erlöse für ihre Weine befähigen die entsprechenden Chäteaux allerdings auch dazu, einen hohen Qualitätsstandard einzuhalten.

Jedes Jahr wird ein großer Teil der Barriques an kleinere Chäteaux verkauft und durch neue ersetzt - ein enormer Kostenfaktor. Zudem wird das Lesegut rigoros selektioniert und alles, was das Niveau des Grand Vin beeinträchtigen könnte, ausgeschieden. Dies kann krankes oder nicht voll ausgereiftes Traubengut ebenso sein wie solches, das unter ungünstigen Witterungseinflüssen gelitten hat, aus noch für den Grand Vin zu jungem Rebbestand stammt oder von zweitklassigen Lagen in Randbereichen der Appellationen kommt. Die besten der ausgeschiedenen Trauben gehen auf vielen großen Chäteaux in den Zweitwein ein, der ein echter Geheimtipp sein kann. Der Rest wird auf dem offenen Markt verkauft. So gewährleisten die renommierten Chäteaux auch in ungünstigeren Jahren ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau ihrer Produkte.

Appellation Médoc

Das untere, also meernahe Médoc hieß früher Bas-Médoc. Seine Böden - und damit auch seine Weine - reichen in ihrer Qualität nicht an die des Haut-Médoc heran. Kein Wunder: Die letzte große Kiesbank wurde von den Gletschern zwischen Graves und St-Estèphe abgelagert. Obwohl das untere Médoc ebenfalls noch wellig ist, werden die Hügel dort seltener und ihre Böden wesentlich schwerer; sie enthalten einen hohen Anteil an hellem, kaltem Ton, der sich eher für Merlot als Cabernet eignet, wenngleich man zwischendurch auch sandige Abschnitte findet.

Der Wein hat viel weniger Finesse und Bouquet, aber gute Fülle und Struktur und jenen Tanningehalt, der alle

Médoc-Weine zu so vorzüglichen Essensbegleitern macht. Gelungene Jahrgänge halten sich in der Flasche lange, ohne indes die Komplexität der besten Vertreter aus dem Haut-Médoc zu erreichen.

In den letzten Jahren ist das Interesse an der produktiven AC Médoc stark gestiegen. 1972 hatte die Appellation eine Gesamtanbaufläche von 1836 Hektar - im Jahr 2006 waren es bereits 5580 Hektar. Die bedeutendste Gemeinde ist Bégadan, wo mehrere der bekanntesten Châteaux stehen und fast ein Drittel aller Weine erzeugt wird. An zweiter Stelle folgen, an ihrem Gesamtausstoß gemessen, St-Yzans, Prignac, Ordonnac, Blaignan, St-Christoly und St-Germain. Das Zentrum der Gegend ist Lesparre.

AC Medoc

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Das Médoc ist der Landkeil nördlich von Bordeaux zwischen dem Atlantik und dem breiten Meeresarm Gironde, in dem sich die Flüsse Garonne und Dordogne vereinen. Seine Rebflächen erstrecken sich in einem wenige Kilometer breiten Streifen entlang des östlichen Gironde-Ufers auf einer Abfolge niedriger Hügel - oder besser Plateaus - mit mehr oder weniger steinigem Boden. Durchzogen wird dieser Landstrich von Gräben, den sogenannten jalles. Holländische Ingenieure legten sie im 17.Jahrhundert zur Entwässerung der neuen Weinberge an. Sie halten den Grundwasserspiegel niedrig und spielen im Weinbau eine wichtige Rolle.

In Graves flussaufwärts hinter Bordeaux ist der Kiesanteil im Boden am höchsten.

Je weiter man das Médoc entlang flussabwärts kommt, desto geringer wird er. Grundsätzlich aber sind diese Ablagerungen nirgends gleichmäßig verteilt, weshalb das Verhältnis von Sand, Kies und Ton in Ober- und Unterboden von Weinberg zu Weinberg variiert. Nördlich von St-Estèphe, wo das Haut-Médoc aufhört, wird der Tonanteil höher als der Kiesgehalt.

Die Bepflanzung der croupes, der Kieskuppen, erfolgte in einem Jahrhundert großen Wohlstands unter einem parlement, dessen Mitglieder in vielen Château-Namen weiterleben, denn zwischen 1650 und 1750 gründeten und bepflanzten sie etliche Besitzungen. Damals nahm das Médoc unter den Pichons, Rauzans, Ségurs und Léovilles einen ähnlichen Aufschwung wie heute das Napa Valley mit seinen Krugs, Martinis, de la Tours und Beringers. Stil und Gewicht der Weine, den diese Granden heranzogen, sind bis heute in der Welt ohne Beispiel. Dazu beigetragen haben in wundersamer Weise die mageren Böden, die kräftigen Reben, die weiche Luft und sogar das perlengleich schimmernde Licht der Küste. Mit den Jahrhunderten bestätigte sich, was die damaligen Investoren instinktiv wussten: Auf den Kiesbänken am Ufer reift der beste Wein. Jene, die als Erste Reben anzubauen begannen, sind bis heute qualitativ ganz vorn geblieben. Mithin ist der Begriff des Premier Cru, des "Ersten Gewächses", so alt wie die Güter selbst.

Heute wird das Médoc in acht Appellationen unterteilt.

Fünf davon sind auf jeweils eine Gemeinde beschränkt (St-Estèphe, Pauillac, Moulis, Listrac und St-Julien), eine erstreckt sich über fünf Gemeinden (Margaux), eine weitere dient als Einheitszone für gleichwertige Bereiche außerhalb der ersten sechs (Haut-Médoc) und die letzte (Médoc) nimmt die Nordspitze der Landzunge ein.

Sie müssen sich regelmäßig einer Qualitätsprüfung unterziehen, bevor sie den begehrten Titel erhalten, der sie aus

der Gesichtslosigkeit der unzähligen kleinen Weingüter des Medoc herausheben soll. Heute sind mehr als 450 Weingüter im Medoc und Haut-Medoc vom Cru-Bourgeois-Verband klassifiziert. Da jedoch immer mehr Güter dem Verband beitreten, nimmt die Zahl der Crus Bourgeois ständig zu.

Den besten Ruf im Medoc besitzen die Chäteaux La Cardonne, Blaignan, Haut-Grignan, Greysac, Les Ormes-Sorbet, La Tour-de-By, La Gorre, Potensac und St.-Bonnet.

AC Haut-Medoc

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Für viele Weinfreunde ist das Haut-Medoc gleichbedeutend mit Spitzenwein aus Bordeaux. In der Tat vollbringt vor allem der Cabernet Sauvignon in diesem schmalen Streifen auf der linken Seite der Gironde wahre Höchstleistungen. Die sechs besten Gemeinden besitzen eigene Appellationen, aber auch die Weine der AC Haut-Medoc sind meist von exzellenter Qualität. Die feinsten Weine kommen von den bis zu drei Meter dicken Kiesplateaus in direkter Nähe zur Gironde. Hier werden die Weintrauben durch die Wärmereflexion der Kieselsteine geradezu geröstet. Nachts hingegen sorgt eine kühle Brise von der Gironde dafür, dass nicht zu viel flüchtige Bukettstoffe und Säuren aus den Beeren verloren gehen.

So entsteht in guten Jahren auf den knapp 4000 Hektar Rebflächen des Haut-Medoc eine

ganze Reihe von herausragenden Rotweinen, die moderat in Alkohol und Körper, bukettreich und tanninbetont sind. Diese überaus vornehmen Gewächse zählen zu den besten Rotweinen der Welt. Die edelsten Weine sind in guten Jahren äußerst langlebig, auch wenn heute ein Trend zu früherer Trinkbarkeit nicht zu übersehen und durchaus zu begrüßen ist. Die Creme der Weine aus dem Haut-Medoc bilden die klassifizierten Gewächse. Insgesamt 60 privilegierte Chäteaux sind in das fünfstufige System der Crus Classes eingeteilt.

An der Spitze stehen die Premiers (1er) Crus, gefolgt von den Deuxiemes (2er), Troisiemes (3er), Quatriemes (4er) und Cinquiemes (5er) Crus. Unterhalb dieser Weinaristokratie stehen die gemeinsam mit dem Medoc als Cru Bourgeois klassifizierten Chäteaux, deren Spitzen heute so manchem Cru Classe ebenbürtig sind. Deshalb bezweifeln viele Weinfreunde heute, ob die aus dem Jahre 1855 stammende Klassifizierung noch zeitgemäß ist. Fünf 1855 klassifizierte Weingüter fallen unter die AC Haut-Medoc, es sind dies die Chäteaux La Lagune (3er Cru Classe) und Cantemerle (5er Cru Classe) in Ludon sowie La Tour-Carnet (4er Cru Classe), Belgrave (5er Cru Classe) und Camensac (5er Cru Classe) in St.-Laurent.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von nicht klassifizierten Gütern, die beständig Spitzenweine präsentieren,

die hinter den klassifizierten Gewächsen kaum zurückstehen. Die bekanntesten sind die Chäteaux d'Agassac, d'Arcins, Beaumont, Caronne-Ste.-Gemme, Charmail, Cissac, Citran, Coufran, de Lamarque, Lanessan, Malescasse sowie Sociando-Mallet.

AC St.-Estephe

Der nördlichste Weinbauort mit eigener Appellation im Haut-Medoc ist St.-Estephe. Der Ort grenzt im Süden an die Rebflächen von Chäteau Lafite-Rothschild in Pauillac, im Norden beginnt hinter St.-Estephe das Bas-Medoc. Die Kiesböden sind hier mehr mit Ton durchmischt, sodass sie nicht an allen Stellen optimale Drainage bieten. Von den 1200 Hektar großen Weinbergen kommen fünf Crus Classes sowie eine große Zahl teilweise hervorragender Crus Bourgeois. Die Weine aus St.-Estephe sind kernig, tanninreich und besitzen in guten Jahren ein verschwenderisches Bukett von geradezu ungezügelter Intensität. Die Spitzenweine sind noch langlebiger als die Weine des restlichen Haut-Medoc. In schwächeren Jahren sind sie leichter und offenbaren oftmals eher Robustheit als Eleganz.

Spitzen-Chäteaux:

Cos d'Estournel (2er Cru Classe), Montrose (2er Cru Classe), Calon-Segur (3er Cru Classe), Lafon-Rochet (4er Cru Classe) und Cos-Labory (5er Cru Classe). Weitere gute Crus Bourgeois sind die Chäteaux La Commanderie, Haut-Marbuzet, Houissant, Lavillote, Meyney, Les-Ormes-de-Pez, de Pez, Phelan-Segur und Tronquoy-Lalande.

AC Pauillac

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Der bemerkenswerteste Weinbauort von ganz Bordeaux ist Pauillac. Hier liegen drei der fünf Premiers Crus Classes. Mit insgesamt 18 Crus Classes und unzähligen Crus Bourgeois gilt Pauillac vielen Weinfreunden als beste Weinbaugemeinde der Welt. Auf über 1000 Hektar Rebfläche wachsen einige der größten Rotweine, die es überhaupt gibt. Sie sind kernig, kraftvoll und sehr elegant. Ihr Bukett kann betörend komplex und tiefgründig sein. Die Weine aus Pauillac sind unglaublich langlebig, sodass die besten Weine aus guten Jahrgängen oft bis zu 25 Jahre und selbst kleinere Gewächse bis 15 Jahre reifen können, um ihr ganzes geschmackliches Potenzial zu entfalten. Die Kiesböden sind in Pauillac besonders mächtig und garantieren besten Wasserabzug. Dies ist das Reich des Cabernet Sauvignon. Bei den Top-Chäteaux von Pauillac erreicht er einen Anteil von rund 85 Prozent. Die Rebflächen bilden einen durchgehenden Streifen von drei Kilometern Breite, der sich vom Norden an der Grenze zu St.-Estephe bis nach St.-Julien erstreckt.

Die klassifizierten Güter sind die

Chäteaux Lafite-Rothschild (1er Cru Classe), Mouton-Rothschild (1er Cru Classe), Latour (1er Cru Classe), Pichon-Longueville (2er Cru Classe), Pichon-Longueville Comtesse de Lalande (2er Cru Classe), Duhart-Milon-Rothschild (4er Cru Classe), Pontet-Canet (5er Cru Classe), Batailley (5er Cru Classe), Haut-Batailley (5er Cru Classe), Grand-Puy-Lacoste (5er Cru Classe), Grand-Puy-Ducasse (5er Cru Classe), Lynch-Bages (5er Cru Classe), Lynch-Moussas (5er Cru Classe), d'Armailhac (5er Cru Classe), Haut-Bages-Liberal (5er Cru Classe), Pedesclaux (5er Cru Classe), Clerc-Milon (5er Cru Classe) und Croizet-Bages (5er Cru Classe).

Weitere bedeutende Weingüter sind die Chäteaux Colombier-Monpelou, La Couronne, La Fleur-Milon, Fonbadet, Haut-Bages-Monpelou, Pibran sowie Haut-Milon und La Rose-Pauillac von der lokalen Winzergenossenschaft.

AC St.-Julien

Direkt südlich von Pauillac liegt mit St.-Julien ein weiterer herausragender Weinbauort des Haut-Medoc. Auf 900 Hektar Rebfläche entstehen elf Crus Classes sowie zahlreiche Crus Bourgeois, von denen einige zu den besten Weinen von Bordeaux zählen. Der ideale St.-Julien ist kräftiger als ein Margaux, reift schneller als ein Pauillac und ist eleganter und feiner als ein St.-Estephe. Die Spitzenweine sind jedoch immer sehr konzentriert, tanninbetont und äußerst langlebig. Die Böden sind wie in Pauillac stark kieshaltig und bieten ideale Bedingungen vor allem für den Cabernet Sauvignon, aber auch den Merlot. Im Nordengrenzen die Rebflächen von St.-Julien an Pauillac, im Süden an Flächen der AC Haut-Medoc.

Spitzen-Chäteaux:

Leoville-Las Cases (2er Cru Classe), Leoville Poyferre (2er Cru Classe), Leoville-Barton (2er Cru Classe), Gruaud-Larose (2er Cru Classe), Ducru-Beaucaillou (2er Cru Classe), Lagrange (3er Cru Classe), Langoa-Barton (3er Cru Classe), Saint-Pierre (4er Cru Classe), Talbot (4er Cru Classe), Branaire-Ducru (4er Cru Classe) und Beychevelle (4er Cru Classe). Weitere nicht klassifizierte Chäteaux: du Glana, Gloria, Hortevie, Lalande-Borie sowie Terrey-Gros-Caillou.

AC Listrac-Medoc

Seit 1986 besitzt die kleine, zwischen St.-Julien und Margaux etwas zurückgezogen gelegene Weinbaugemeinde Listrac-Medoc für ihre 700 Hektar Rebflächen eine eigene Appellation. Die Böden sind hier schwerer, mit mehr Sand und Lehm und weniger Kies durchsetzt als auf den weiter zum Fluss hin gelegenen Rebflächen. Deshalb sind die Weine etwas robuster und weniger fein als die Gewächse der Gemeinden direkt an der Gironde. In Listrac gibt es keine Crus Classes, jedoch eine große Anzahl zum Teil herausragender Crus Bourgeois.

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Die bekanntesten sind die

Chäteaux La Becade, Cap-Leon-Veyrin, Clarke, Ducluzeau, Fonreaud, Fourcas-Dupre, Fourcas-Hosten, Fourcas-Loubaney, Lafon, Lestage und Saransot-Dupre. Beachtung verdient auch die lokale Winzergenossenschaft.

AC Moulis-en-Medoc

Nur zwei Kilometer südöstlich von Listrac-Medoc liegt der kleine Weinbauort Moulis-en-Medoc. Die Böden in Moulis entsprechen im Allgemeinen denen von Listrac, sie enthalten mehr Sand und Lehm als Kies. Doch an einer Stelle bricht ein Kiesplateau an die Oberfläche durch. Auf dieser als Grand Poujeaux bezeichneten Lage entstehen die besten Weine von Moulis. Zwar ist keines dieser Gewächse als Cru Classe eingestuft, doch die besten Crus Bourgeois vom Kiesplateau können einige höher klassifizierte Weine aus anderen Orten durchaus übertreffen.

Spitzen-Chäteaux:

Bel-Air-Lagrave, Biston-Brillette, Branas Grand-Poujeaux, Brillette, Chasse-Spleen, Maucaillou, Mauvesin und Poujeaux.

AC Margaux

Die berühmte Weinbaugemeinde Margaux liegt 15 Kilometer südlich von St.-Julien in direkter Nähe zur Gironde. Sie umfasst zusätzlich noch vier Nachbarorte und ist die größte Gemeindeappellation im Haut-Medoc. Ein Drittel aller klassifizierten Chäteaux liegen in Margaux. Dazu kommt noch eine große Anzahl von teilweise überragenden Crus Bourgeois. Die Weine aus Margaux weisen unter den großen roten Bordeaux-Weinen die größte Feinheit auf. Wenn sie voll ausgereift sind, beeindrucken sie durch ihr großartiges Bukett, wirken aufgrund ihrer Feinheit gelegentlich beinahe zart. Über 1300 Hektar stehen in der AC Margaux unter Reben. Die Böden sind uneinheitlich, sie bestehen aus Kalkstein oder Kreide mit Durchmischungen von Ton und Sand und sind an vielen Stellen mit Kiesplateaus bedeckt. Von den kieshaltigen Stellen kommen die feinsten Weine.

Spitzen-Chäteaux:

Margaux (1er Cru Classe), Rausan-Segla (2er Cru Classe), Rauzan-Gassies (2er Cru Classe), Lascombes (2er Cru Classe), Kirwan (3er Cru Classe), d'Issan (3er Cru Classe), Giscours (3er Cru Classe), Malescot-Saint-Exupdry (3er Cru Classe), Cantenac-Brown (3er Cru Classe), Boyd-Cantenac (2er Cru Classe), Palmer (3er Cru Classe), Desmirail (3er Cru Classe), Ferriere (3er Cru Classe), Marquis d'Alesme-Becker (3er Cru Classe), Pouget (4er Cru Classe), Prieure-Lichine (4er Cru Classe), Marquis de Terme (4er Cru Classe), Dauzac (5er Cru Classe) und du Tertre (5er Cru Classe).

Weitere bekannte Chäteaux: d'Angludet, d'Arsac, Deyrem Valentin, Labegorce, Labegorce-Zede, Martinens, Monbrison, Montbrun, Siran und La Tour de Mons.

AC Pessac-Leognan

1987 wurden die zehn Orte mit den 15 klassifizierten Weingütern von 1959 aus dem ehemaligen Anbaugebiet Graves ausgegliedert und zur Appellation Pessac-Leognan erklärt. Sie umfasst die Rebflächen, die der Stadt Bordeaux am nächsten sind und erstreckt sich über 15 Kilometer nach Süden. Hier wachsen auf gut 1100 Hektar rund um den Bordelaiser Stadtteil Pessac und die kleine Weinbaugemeinde Leognan sehr teure Rot- und Weißweine, von denen einige zur absoluten Spitzengruppe von Bordeaux gehören. Der Grandseigneur ist Chäteau Haut-Brion, das bereits 1855 auf eine Stufe mit den besten Rotweinen des Haut-Medoc gestellt wurde.

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Neben den klassifizierten Gütern sind vor allem die

Chäteaux Baret, Brown, Les-Carmes-Haut-Brion, de Cruzeau, Ferrand, de France, La Garde, La Louviere, Le Pape und de Rochemorin beachtenswert.

AC Graves

Wein bereitete man in der Region zuerst an der Stelle, an der sich sich heute Bordeaux mit seinen Vororten ausbreitet, außerdem auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses und südlich der Stadt. Graves nannte man den Streifen, der sich am linken Ufer der Garonne von Bordeaux aus 65 Kilometer flussaufwärts bis zum Städtchen Langon und vom Ufer bis ins Hinterland zu den Kiefernwäldern der Landes zog. Er war in etwa so groß wie das Médoc, aber stärker von Wäldern und Bauernhöfen durchsetzt. Außerdem enthielt er wenig ausgedehnte Rebflächen oder große Châteaux.

Das typische Merkmal von Graves ist der lockere, kiesige Boden - daher auch der Name Graves, wörtlich "Kies". Er wurde während der Eiszeit von Pyrenäengletschern hier abgelagert. Auch Sand findet man häufig, ferner hellen und roten Ton. Wie im Médoc besteht kein Zweifel mehr daran, dass heute fast das gesamte gute Rebland bereits genutzt wird.

Insgesamt gehören zu Graves 5040 Hektar Weinberge - 1983 waren es noch 1494 gewesen.

Allerdings ist Graves viel zu uneinheitlich, um sich über einen Kamm scheren zu lassen. Man hat es in Subzonen unterteilt. Im Norden, wo sich alle Crus Classés befinden, richtete man nach Jahren intensiver Lobbyarbeit die AC Pessac-Léognan ein. Trotz des unhandlichen Namens erwiesen sich das Gebiet und seine Weine als Erfolg. Weniger zufrieden waren die Erzeuger südlich davon, deren Abfüllungen nur Anrecht auf die Bezeichnung AC Graves haben. Dann gibt es noch eine Enklave im Süden von Graves mit ganz anderer Landschaft, anderen Besitzverhältnissen und anderen Weinen: Sauternes.

Obwohl Graves zu einem Drittel von weißen Reben beherrscht wird, ist der Löwenanteil der Spitzenerzeugnisse rot.

Bei einem Vergleich zwischen roten Graves-Gewächsen und Médoc-Weinen bekommt man den Eindruck, ein Graves sei weniger fein, denn er wird gern mit "erdig", "weich" oder "reift früher" beschrieben, was sich eher schlicht als erhebend anhört. Der verstorbene Maurice Healey brachte es auf den Punkt, als er meinte, das Médoc und Graves seien wie ein Hochglanz- und ein Seidenmattabzug ein und derselben Fotografie.

Das matte Bild kann genauso schön sein, wirkt aber nicht so frisch und scharf und hat nicht ganz so funkelnde Farben.

Weißer Graves in Bestform ist ein seltenes Erlebnis - und ein teures. Nur wenige Güter machen überhaupt den Versuch, die einzigartige Kombination aus Fülle und Energie anzustreben, die einem weißen Vertreter mit der Zeit zu eigen wird. Die edelsten Weißen können sich mit großen weißen Burgundern messen. Doch schon allein an der Frage, mit welchen Trauben solche Höhen zu erklimmen seien, scheiden sich die Geister.

Manche favorisieren Sémillon, andere Sauvignon blanc und wieder andere einen Mix aus beiden. In den letzten 15 Jahren wurden viele Weinberge mit Sauvignon gris bestockt, um dem Verschnitt mehr Würze zu verleihen.

Einige Winzer bereiten den Wein in Edelstahl und füllen ihn im zeitigen Frühjahr ab, andere - darunter die Besten - setzen auf Vergärung und Ausbau in Fässern aus neuer Eiche.

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Zweitrangige Kellereien neigen oft dazu, ihre Trauben für trockene Weiße zu früh zu lesen,

also noch bevor sie die volle Reife erlangt haben. Sauvignon blanc ist für seine ungleichmäßige Reifung bekannt. Spitzengüter indes konzentrieren sich inzwischen auf das Ernten vollreifen Leseguts und eine komplette Vergärung, um saubere, trockene Gewächse mit großer Geschmacksfülle zu bekommen. Das nördliche Graves setzt sich, ausgehend vom südlichen Rand der Stadt Bordeaux, aus folgenden Gemeinden zusammen: Pessac und Talence (noch in den Vororten), Gradignan und Villenave-d'Ornon (in denen heute nur noch sehr wenig Wein entsteht), Léognan (die ausgedehnteste Gemeinde mit sechs klassifizierten Châteaux), Cadaujac, St Médard d'Eyrans, Canéjan, Mérignac und Martillac. Bis 1987 waren alle unter der Einheitsappellation Graves zusammengefasst. Dann wurde die neue AC Pessac-Léognan mit 55 Gütern in zehn Gemeinden und einer Gesamtrebfläche von 1500 Hektar eingerichtet. Südlich davon schließt sich Portets an, das immer mehr Bedeutung mit ähnlichen Weinen erlangt. Cérons an der Schwelle zu Barsac und Sauternes bereitet sowohl süße als auch trockene Weiße, wobei die trockenen Vertreter immer besser und populärer werden. Rot befindet sich auf Kosten von Weiß - ganz gleich, ob trocken oder süß - stetig auf dem V ormarsch.

Die Châteaux von Graves wurden 1953 und 1959 erstmals klassifiziert, allerdings auf eine undifferenzierte, wenig hilfreiche "Drin-oder-nicht-drin"-Art. Insgesamt zwölf Châteaux bekamen für ihre Rotweine Cru-Classé-Status verliehen und wurden in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Haut-Brion war schon 100 Jahre zuvor in die Médoc-Klassifikation von 1855 aufgenommen worden. 1959 wurden sechs von ihnen und zusätzlich drei weitere in den Rang von Crus Classés für Weißwein erhoben. Eine regelmäßige Neuklassifizierung war immer wieder im Gespräch, doch nach dem Fiasko mit den Crus Bourgeois und St-Emilion vor ein paar Jahren wurden derlei Pläne auf unbestimmte Zeit ad acta gelegt.

Beachtenswerte Chäteaux:

d'Archambeau, La Blancherie (-Peyret), de Chantegrive, Coutet, Ferrande, Landiras, Millet, Rahoul, Beauregard-Ducasse und Virelade.

AC Sauternes

Nach Süden zu bekommen die Weißweine in der Anbauregion Bordeaux immer mehr Bedeutung, während die Rotweine in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Das geringfügig wärmere und trockenere Klima und der sehr kalkhaltige Boden bieten ideale Bedingungen für den Anbau weißer Sorten. Hier hat der Wein, was die Franzosen sève, Saft, nennen - eine Kombination aus Körper und Lebendigkeit.

Filetstück des Anbaugebiets ist die relativ hügelige Enklave Sauternes. Die Appellation erstreckt sich über vier Dörfer südlich eines Bachs namens Ciron. Auf der anderen Seite des Wasserlaufs liegt auf flacherem Grund Barsac, das ebenfalls noch zur AC Sauternes zählt. Insgesamt umfasst die Zone 2300 Hektar. Wo das kalte Wasser des Ciron in die wärmere Garonne fließt, bildet sich im Herbst leicht Nebel, der die Entstehung von Edelfäule begünstigt und damit die Bereitung des vin liquoreux ermöglicht. Sauternes hat sich in den letzten 250 Jahren auf diesen überaus konzentrierten, goldenen Dessertwein spezialisiert. Leider ist der Botrytis-Pilz launenhaft, weshalb nicht jedes Jahr gute süße Elixiere entstehen. Die frühen 1990er-Jahre waren verheerend, doch seit 1995 herrschen ausgezeichnete Bedingungen.

Anders als in Graves findet man in Sauternes große Weingüter wie im Médoc.

Einige hatten bereits für ihre "saftigen" Erzeugnisse Berühmtheit erlangt, als die Klassifikation von 1855 erarbeitet wurde. Man ordnete sie nach drei Rangstufen, wobei Château d'Yquem alleine die erste einnahm. Neun Erzeuger wurden als Premier Cru klassifiziert und neun weitere als Deuxième Cru, was - um fair zu sein - noch immer eine hohe Auszeichnung ist. Mit der Zeit erhöhte sich durch Gutsteilungen die Zahl der erstklassifizierten Châteaux auf elf und die der zweitklassifizierten auf vierzehn.

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Als in den 1960er- und 1970er-Jahren Süßwein aus der Mode kam, konnten sich die meisten Kellereien die vielen Lesedurchgänge, die neuen Fässer oder die langen Jahre des Wartens auf den Wein nicht mehr leisten.

Doch die Mode - und offenbar auch das Klima - hat sich in jüngster Zeit so radikal gewandelt, dass Sauternes einem neuen goldenen Zeitalter entgegengeht.

Viele der bescheideneren Güter nehmen eine Abkürzung auf dem Weg zum Sauternes:

Sie warten auf die Vollreife der Trauben, hoffen, dass wenigstens einige von Edelfäule befallen sind, lesen sie alle auf einmal, treiben mit Zuckerzugaben den potenziellen Alkohol auf 18 Prozent und unterbrechen den Gärprozess schließlich mit Schwefeldioxid, sobald 13 bis 14 Prozent erreicht sind. Das ergibt zwar einen süßen Wein, doch hat er nicht den klassischen Sauternes-Geschmack und könnte offen gesagt ebenso gut einen anderen Namen tragen.

Was aber ist der klassische Sauternes-Geschmack? Das hängt vom Jahrgang ab. In manchen Jahren ist der Wein kraftvoll, scharf und sirupsüß, in anderen reichhaltig, hochkonzentriert und fast spürbar saftig, aber nicht süß. Wenn sich in den besten Jahren die Edelfäule aller Trauben bemächtigt hat, kann er zuckerschwer und doch mild, cremig, nussig und honigfein geraten. Ein Barsac ist in der Regel etwas weniger üppig als ein Sauternes, findet aber zu einem eigenen faszinierenden Gleichgewicht zwischen reich und lebhaft und kann nach 40 oder gar 50 Jahren besser denn je sein.

Die Erträge variieren in Sauternes je nach Witterung. Eine durchschnittliche Lese erbringt selbst in einem guten Jahr gerade einmal 30 Dutzend Flaschen pro Hektar. Zum Vergleich:

Ein Cru Classé in St-Julien stößt mit weit weniger Aufwand gut und gern 95 Dutzend Flaschen pro Hektar aus.

AC Premieres Cotes de Bordeaux

Ein langer Streifen entlang dem Ostufer der Garonne gegenüber Graves kommt in den zweifelhaften Genuss dieser Appellation. Im Hinterland beginnt Entre-Deux-Mers. Am Nordende erstreckten sich einst einige römische und mittelalterliche Weinberge - sie liegen mittlerweile unter Siedlungen begraben.

Im südlichen Abschnitt bei Cadillac und Richtung Ste-Croix-du-Mont entstehen Süßweine, die in ihrer besten Ausprägung an einen Sauternes heranreichen. Ansonsten liegt entlang der Premières Côtes das Verhältnis bei 80 Prozent Rot und 20 Prozent Weiß. Die Weißen werden seit Kurzem wesentlich trockener und frischer bereitet als früher - als Musterbeispiel kann Château Reynon gelten. Roter Premières Côtes ist theoretisch wesentlich besser als einfacher Bordeaux Supérieur aus weniger guten Lagen, was man allmählich auch erkennt. Einige der besten Güter setzen auf harmonische, zugängliche Erzeugnisse für relativ raschen Konsum - ein Stil, der durchaus mit einfacheren, oft wesentlich teureren und nicht so interessanten Weinen der Neuen Welt mithält. Kraftvolle, strukturierte Gewächse sollte man von den 3400 Hektar Rebflächen in der Regel aber nicht erwarten.

Beachtenswerte Chäteaux:

Birot, Brethous, Carsin, du Grand Moueys, de la Meuliere, de Plassan, Reynon und la Cheze.

AC Entre-deux-Mers

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Bei den beiden "Meeren" handelt es sich um die Flüsse Dordogne und Garonne, deren Lauf die Grenzen des keilförmigen Anbaugebiets umreißt. Entre-Deux-Mers ist der diffuseste und mit 23000 Hektar Rebfläche zugleich größte Teilbereich von Bordeaux. Die Appellation umfasst heute ausschließlich trockene Weißweine, obwohl Bestrebungen im Gange sind, auch Rotweine zuzulassen. Erzeuger deklarieren ihre besten Weißen in der Regel als Entre-Deux-Mers, während sie andere Produkte aus ihrem Repertoire als Bordeaux oder Bordeaux Supérieur laufen lassen - ACs, die sie mit der ganzen Region Bordeaux teilen. Rote machen drei Viertel der Produktion aus; sie firmieren ebenfalls als Bordeaux oder Bordeaux Supérieur.

Der Süden des Anbaubereichs besteht aus einer locker von Reben durchsetzten Landschaft mit ebenso viel Wald und Weiden wie Weinbergen. Im Norden dagegen herrscht fast eine Rebenmonokultur vor.

Die größte Genossenschaftskellerei, ansässig in Rauzan, bereitet 1,2 Millionen Kisten jährlich. Insgesamt stellen die 14 coopératives ein Drittel der Gesamterzeugung an trockenen Weißen in Bordeaux.

Entre-Deux-Mers gelang es als einziger Zone in Bordeaux, sich neu zu erfinden. Sie krankte an billigen süßen Abfüllungen, die niemanden mehr interessierten. Dann erdachte ein findiger Geist den griffigen Slogan "Entre deux huîtres, Entre-Deux-Mers" - etwa: "Zwischen zwei Austern trink zwischen zwei Meeren" - und schon öffnete sich eine rosige Zukunft für den trockenen Weißen, eine Art Muscadet des Südwestens. Ich habe noch keinen Entre-Deux-Mers von der Qualität ins Glas bekommen, mit der man in Kalifornien Medaillen gewinnt, doch die Welt braucht eben auch Massenware. Und deren Palette reicht in Entre-Deux-Mers vom frischen Appetitanreger zum gründlichen Langweiler. Wo man was findet, lässt sich aber nur schwer in eine Faustregel fassen. Eine gute Genossenschaft kann ebenso saubere, einnehmende Weine keltern wie ein alteingesessenes Château.

Eine Handvoll Privatkellereien wie Thieuley und Tour de Mirambeau setzt Maßstäbe, an denen sich andere orientieren. Kaum hatten die Güter ihre Rebflächen auf Weiße umgestellt, schon sorgte das propagierte "französische Paradox" dafür, dass weltweit die Nachfrage nach Roten stieg. Das führte zu einem weiteren Paradox: Bordeaux produziert einige der teuersten Roten und einige der billigsten Weißen der Welt. Die Basis-Appellationen Bordeaux und Bordeaux Supérieur darf jeder in Anspruch nehmen, der genehmigte Rebsorten verwendet, einen gewissen Alkoholgehalt erreicht und den Ertrag auf ein vorgeschriebenes, jährlich neu festgelegtes Maximum beschränkt. Beim Bordeaux Supérieur müssen die Erträge niedriger als beim AC Bordeaux liegen, zudem hat er ein Quäntchen mehr Alkohol und damit Körper.

AC Premières Côtes de Blaye

Blaye ist das nördlichste Anbaugebiet am rechten Ufer und der letzte Außenposten an diesem Teil der Küste, in dem noch guter Rotwein entsteht. Weiter nördlich in Cognac beginnt bereits Weißweinland. Doch auch Blaye gehört schon zu einem Drittel den Weißen; unter ihnen finden sich einige bezaubernde, wenn auch kurzlebige Erzeugnisse auf Colombard-Basis. Die besseren Rebflächen werden unter der Appellation Premières Côtes de Blaye zusammengefasst. Dazu gehören fast alle roten Rebsorten, deren Weine im Grunde von denen in Bourg nicht unterscheidbar sind, obwohl sie nicht ganz so gut und körperreich ausfallen. 2000 hob man die neue AC Blaye aus der Taufe, für deren Erzeugnisse eine geringfügig höhere Minimalreife und eine etwas strengere Qualitätskontrolle vorgeschrieben sind. Leider vermittelt der Name den Eindruck einer eher einfachen und nicht höherwertigen Appellation, weshalb manche Güter sie gar nicht verwenden.

Beachtenswert sind die

Chäteaux Bourdieu, Charron, I'Escadre, Segonzac und Le Chene Rond.

AC Cotes de Bourg

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Die Gegend am rechten Ufer der Gironde war lange vor dem Médoc gegenüber eine blühende Weinlandschaft. Bourg liegt nördlich des Zusammenflusses von Garonne und Dordogne. Es mutet an wie ein zweites, größeres Fronsac: Die Hügel ragen teils über 60 Meter auf, sind im Gegensatz zu Fronsac aber dicht bestockt.

Mit ihren 3000 Hektar Rebland bereiten die Côtes de Bourg so viel Wein wie das untere Médoc - was auch für den unmittelbaren Nachbarn im Norden, die Côtes de Blaye mit 5600 Hektar, gilt. Bourg hat sich auf Rotweine von untadeliger Güte spezialisiert. Die vorwiegend aus Merlot und Cabernet franc gekelterten Abfüllungen geraten rund und körperreich und lassen sich nach vier, fünf Jahren genießen. Châteaux am Ufer sind mit einer perfekten Lage gesegnet, wie es scheint. Das beträchtliche Potenzial des Anbaugebiets wird erst allmählich genutzt.

Das größte Renommee besitzen die

Chäteaux de Barbe, Guerry, Guionne, Mendoce, Peychaud, Rousset und Tour-de-Tourteau.

AC Fronsac und AC Canon-Fronsac

Die Stadt Libourne liegt dort, wo das Nebenflüsschen Isle in die Dordogne mündet. Sie hat Pomerol als "Hausgarten", St-Emilion als Nachbar im Osten und knapp zwei Kilometer westlich ein weiteres, überraschend unterschiedliches kleines Anbaugebiet.

Fronsac an der Dordogne liegt am Fuß eines Wirrwarrs steiler Hügel und einer Miniaturbergkette von bis zu 90 Meter Höhe. Mehrere Châteaux waren ganz offensichtlich als Landsitze und nicht als Gutshöfe gedacht. Der Boden besteht aus Kalk. Man findet fast nur rote Rebsorten. Es sind die üblichen Bordeaux-Trauben, wobei die weiche, saftige Malbec von jeher etwas stärker vertreten ist als andernorts. Trotzdem herrscht die Merlot mit 78 Prozent Anteil an der Rebfläche vor. Wein aus Fronsac hat reichlich Farbe und Alkohol und fand daher in früheren Zeiten als vin médécin für Weichlinge hohen Standes Verwendung.

Fronsac stand einst in höherem Ansehen als Pomerol. Im 18.Jahrhundert wurden seine Weine sogar bei Hofe getrunken. Später aber bekam Pomerol Oberwasser. Erst seit zwei Jahrzehnten beginnt sich Fronsac wieder nach oben zu kämpfen - und konnte in den letzten 15 Jahren dank beträchtlicher Investitionen tatsächlich einen Imagewandel herbeiführen.

Die Anbaufläche beläuft sich auf 1130 Hektar. Über zwei Drittel der Hügel, genauer gesagt die tiefer gelegenen Areale, gehören zur AC Fronsac, der Rest, wo der Boden flachgründiger wird und mehr Kalk enthält, ist Teil der AC Canon-Fronsac. Die Weine können köstlich, kraftvoll und würzig ausfallen; fünf Jahre Lagerung tun ihnen auf jeden Fall gut. In ihrer Härte ähneln sie eher einem Graves oder St-Emilion als einem Pomerol. Ihr Stil ändert sich derzeit, da man sie dem Trend vom rechten Ufer entsprechend fetter, schwerer und eichengefärbter bereitet, was bisweilen auf Kosten der Säure und Finesse geht.

Wichtige Chäteaux:

Cardeneau, de Carles, Dalem, La Dauphine, Fontenil, Gagnard, Moulin Haut-Laroque und la Riviere. Die besseren Gewächse stammen von den knapp 300 Hektar Rebflächen auf den kalksteinhaltigen Abhängen zum Fluss und kommen unter der eigenen Appellation Canon-Fronsac auf den Markt. Sie ähneln stark den körperreichen, kraftvollen Weinen von Pomerol und St.-Emilion. Hier heißen die wichtigsten Chäteaux Barrabaque, Canon, Canon (Moueix), Canon-de-Brem, Canon-Moueix, du Gaby, du Gazin, Les Trois Croix und Toumalin.

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AC Pomerol

Wer den Einfluss des Bodens auf Wein bezweifelt, sollte sich mit Pomerol befassen. In dem kleinen Anbaugebiet, das sich neben dem ausgedehnten St-Emilion wie der Vorgarten von Libourne ausnimmt, findet man Erzeugnisse, die sich in puncto Kraft und Würde mit den Besten Frankreichs messen können, ebenso wie Gewächse, die mit charmanten Eroberern von zarter, flüchtiger Frucht mithalten - aber auch nichtssagende Produkte.

Die Bodenvielfalt reicht von kiesigem Sand um die Stadt Libourne über immer schwerere Böden bis zu einem hohen Plateau mit sehr oberflächennahem tonigem Untergrund. In knapp einem Meter Tiefe ist der Ton dort fast steinhart und mit eisenhaltigen Steinen durchsetzt. Hier befindet sich in einer schwindelerregenden Höhe von 15 Metern über der Umgebung der Gipfel von Pomerol, und zwar in jeder Hinsicht.

Trotz seines internationalen Rufs wird Pomerol stets eine abgelegene, sonderbare Ecke der Weinwelt bleiben.

Seine Gesamtrebfläche ist mit 780 Hektar nicht größer als die von St-Julien, der kleinsten unter den großen Médoc-Gemeinden. Vielleicht die Hälfte hat wahres Cru-Classé-Niveau (in St-Julien sind es zwei Drittel). Entsprechend klein sind die Weingüter - das größte kommt auf knapp 50 Hektar. Die Jahresproduktion liegt bei 350000 Kisten mit AC-Inhalt. Eine Kellereigenossenschaft gibt es nicht; Kleinerzeuger bereiten in der Regel ihren Wein selbst und verkaufen ihn direkt an Kunden in ganz Frankreich und insbesondere Belgien. Es ist gerade einmal 100 Jahre her, dass man den Namen Pomerol außerhalb seiner direkten Umgebung erstmals vernahm.

Und doch hat die Tradition dem Gebiet bereits eine klare Identität gegeben. Sein bester Boden ist Ton, also eher kaltes Erdreich. Die früh reifende Merlot zeitigt hier bessere Ergebnisse als die später lesebereiten Cabernet-Sorten, von denen sich die Cabernet franc alias Bouchet wiederum wackerer schlägt als die Cabernet Sauvignon. Man nehme die weiche, brombeerartige Merlot und die lebendige Bouchet mit Himbeernote - zwei Reben, die sich das Eisen aus dem Ton holen -, baue sie in aromatischer Eiche aus, und schon hat man, stark vereinfacht, das Pomerol-Rezept. Woher aber nimmt dieser Wein seine einzigartig samtige Textur, sein Fleisch mit Biss, seinen Duft nach reifen Pflaumen und sogar Sahne, ja, selbst Honig? Bestimmt nicht nur aus jenem Akt der Bürokratie, der die Appellationsgrenzen festgelegt hat. Kenner siedeln den Pomerol stilistisch zwischen St-Emilion und Médoc an. Ich platziere ihn näher an St-Emilion: Er ist breiter und würziger und hat weniger Nerv als ein vergleichbarer Médoc, reift in fünf Jahren so schnell wie ein Médoc in zehn und übertrumpft ihn daher oft bei Verkostungen - so wie ein Kalifornier einen Franzosen aussticht.

Ein großer Pomerol indes ist alles andere als kurzlebig.

Für Pomerol wurde nie eine offizielle Klassifikation erstellt.

Gäbe es eine, hätten die vielen leistungsschwachen Güter vielleicht einen Anreiz, sich ins Zeug zu legen. Die besten Châteaux aber sind wohlbekannt. Überhaupt geben die Preise eine simple, aber überraschend verlässliche Rangordnung vor, die zweifellos von Pétrus angeführt wird.

Die besten Gewächse kommen von den stärker kieshaltigen Böden im Norden von Pomerol.

Sie reifen durchweg schneller als Weine aus dem Haut-Medoc und sind dennoch kernig, tanninreich und dabei unbeschreiblich samtig. In Pomerol gibt es keine dem Haut-Medoc oder St.-Emilion vergleichbare Klassifikation. Die Spitzen-Chäteaux heißen neben dem unvergleichlichen Petrus, dem teuersten Wein von Bordeaux, La Conseillante, Certan-de-May, I'Evangile, La Fleur-Petrus, Gazin, Lafleur, Latour-ä-Pomerol, Petit-Village, Trotanoy, Vieux Chäteau Certan, Beauregard, Plince, La Croix und Rouget. Ebenfalls gute, wenn auch nicht so superbe Rotweine kommen aus Lalande-de-Pomerol, einer Appellation am nördlichen und westlichen Rand von Pomerol. Hier sind die Chäteaux de Bel-Air und Siaurac zu beachten.

AC Lalande-de-Pomerol

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Entlang der Nordgrenze von Pomerol verläuft das Flüsschen Barbanne. Die beiden Gemeinden auf der anderen Seite des Wasserlaufs heißen Lalande und Néac. Beide dürfen ihre Rotweine, die in Bestform eine Art Zweitliga von Pomerol bilden, Lalande-de-Pomerol nennen. Traditionell wird hier mehr Malbec (bzw. Pressac) kultiviert, eine schwierige Rebe, die inzwischen aus der Mode kommt. Teile des Kiesbodens auf Ton sind von hoher Qualität; einige Châteaux genießen einen hervorragenden Ruf. Insgesamt kultivieren 180 Winzer zusammengenommen 1120 Hektar und erzeugen 600000 Kisten Wein.

AC St.-Emilion

Als Stadt ist St-Emilion der Inbegriff des Paradieses für Weinfreunde, als Appellation das mit Abstand größte französische Spitzenanbaugebiet. Es stößt fast so viel Rebensaft aus wie die gesamte Côte d'Or in Burgund.

Die meisten der unschätzbar wertvollen Rebflächen wogen bis an die Stadtmauern heran, die die Ausbreitung des Häusermeers verhindern. Man gräbt sich in den nachgiebigen Kalkstein, um ihm Baumaterial zu entreißen, Wein dort zu lagern - und sogar um seinen Riten zu frönen. Die alte Felsenkirche befindet sich in einer Höhle mit mächtiger Halle. Sie wird heute für Zusammenkünfte der Jurade genutzt.

St-Emilions Weine sind etwas kräftiger als die aus dem Médoc und enthalten weniger Tannin.

Ein zugänglicher, fester Wohlgeschmack ist das Erkennungszeichen dieser Kreszenzen, die im Lauf der Zeit eine warme, einnehmende Lieblichkeit annehmen. Sie sind in ihrer Jugend nicht unergründlich wie ein Médoc und altern auch rascher, können aber nichtsdestotrotz mit den Jahren unlösbare Rätsel aufgeben.

Die besten Vertreter stammen von den relativ steilen Hügelflanken und dem Kamm der Schichtstufe um die Stadt (côtes) sowie aus einer abseits gelegenen Kiesinsel auf dem Plateau rund 1,5 Kilometer nordwestlich an der Grenze zu Pomerol (graves). Die Côtes-Weine sind auf der Skala zwischen rätselhaft-verschlossen und offenherzig-strahlend die lächelnden Vertreter, während sich ihre Pendants von der Kiesenklave ernsthafter und grüblerischer geben. Michael Broadbent bezeichnet die Weine von den Côtes als "offen", die vom Kies dagegen als "fest". Gleichwohl kann man sie leicht miteinander, mit ihren Konkurrenten aus dem Médoc und sogar mit Burgundern verwechseln. Einige ihrer Vorzüge kristallisieren sich ferner in Weingärten auf ganz anderen Böden heraus, nämlich dem Sand des Dordogne-Tals unterhalb der Stadt St-Emilion selbst (sables) und in den fünf "Satelliten" im Norden und Osten.

Die 1954 erstellte Klassifikation von St-Emilion wird als einzige Rangordnung ihrer Art regelmäßig überarbeitet das

letzte Mal 2006. Seit dem Jahrgang 1985 gibt es zwei Appellationen: die einfache AC St-Emilion und die AC St-Emilion Grand Cru. Klassifizierte Gewächse werden in Premiers Grands Crus Classés und Grands Crus Classés unterteilt. In der Spitzenklasse unterscheidet man zusätzlich zwischen "A" und "B". Die aktuelle Klassifikation weist mit Cheval Blanc und Ausone zwei Châteaux als Premiers Grands Crus Classés "A" und 13 als "B" aus. Die "B"-Gutsprominenz entspricht in etwa den Deuxièmes und Troisièmes Crus im Médoc. Auf das Grand-Cru-Classé-Siegel haben 46 Betriebe Anspruch.

Die durchschnittliche Rebfläche liegt bei etwa acht Hektar.

Die größten Kellereien haben nicht viel mehr als 40 Hektar, die kleinen gerade einmal zwei oder drei Hektar und eine Produktion von einigen hundert Kisten. "Grand Cru" ohne Zusatz ist eine Generalkategorie wie Cru Bourgeois im Médoc.

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Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich der Stil vieler St-Emilion-Gewächse auf wenig subtile Weise verändert.

Nirgendwo sonst in Bordeaux wurden Verfahren wie Mostkonzentration oder Mikrooxidation mit solcher Begeisterung eingeführt. Unterzieht man aus sehr niedrigen Erträgen gewonnene Weine derartigen Behandlungen, ist das Ergebnis eine undurchdringliche Farbe, enorme Konzentration und Kraft, ein hoher Alkoholgehalt und ein marmeladiger Geschmack. Nun hat dieser Stil zweifellos eine breite Anhängerschaft, vor allem unter amerikanischen Weinkritikern, doch könnte man einwenden, dass St-Emilion damit nicht nur seine Eleganz, sondern auch seine typicité zu verlieren droht.

Die 13 Spitzenweine sind als Premiers Grands Crus Classes klassifiziert, davon zwei in der Kategorie A und elf in der

Kategorie B. Weitere 61 Gewächse tragen die Bezeichnung Grand Cru Classe. Darunter gibt es eine große und ständig steigende Anzahl von Grands Crus, die mit den Crus Bourgeois aus Haut-Medoc vergleichbar sind. Sie sind die einzigen Weine in Bordeaux, die sich regelmäßigen organoleptischen Prüfungen stellen müssen, um die Zulassung zur AC St.-Emilion Grand Cru zu erlangen. Die Bedeutung des einfachen St.-Emilion nimmt demgegenüber ständig ab. Lussac-St.-Emilion, Montagne-St.-Emilion und Puisseguin-St.-Elimilion sind Randbereiche von St.-Emilion, in denen körperreiche und kernige Rotweine erzeugt werden.

Die Satelliten von AC St-Emilion

Abgesehen von den fünf "heiligen" Gemeinden St-Emilion, St-Laurent, St-Christophe, St-Etienne und St-Hippolyte in der eigentlichen Appellation St-Emilion gibt es vier weitere Dörfer im Norden und Osten, die ihrem Namen den Zusatz St-Emilion anhängen dürfen. Man nennt sie gemeinhin die "Satelliten".

Sie liegen gleich nördlich des Flusses Barbanne, an dessen Südufer die Ruhmeslandschaft des Weins beginnt.

Die Satelliten argumentieren, dass zwei ihrer Gemeinden, St-Georges (170 Hektar) und Montagne (1064 Hektar), aufgrund der Talformation bessere Lagen haben als einige Gemeinden in St-Emilion. Wie dem auch sei, die beiden Bereiche genießen zusammen mit Puisseguin (725 Hektar) und Lussac (1440 Hektar) durchaus Ansehen. Gutsbesitzer in St-Georges dürfen ihre Erzeugnisse auch Montagne St-Emilion nennen. In St-Georges steht ein prächtiges Schloss, das der Gemeinde allein schon zur Ehre gereicht. Sein Wein erinnert tatsächlich an einen St-Emilion und kann fast so fleischig und langlebig geraten. Andere Winzer bevorzugen wesentlich höhere Merlot-Anteile, wodurch weichere, aber nicht minder kräftige Weine entstehen, die nach zwei, drei Jahren viel Genuss bereiten. Leider produzieren aber auch viele Güter ausgesprochen Rustikales.

AC Cotes de Castillon und AC Cotes de Francs

Die beiden Bereiche grenzen im Osten an die St-Emilion-Satelliten. Sie liegen noch innerhalb der Generalappellation Bordeaux und bekamen 1989 unabhängigen AC-Status. Die Côtes de Castillon durchziehen die Hügel nördlich des Dordogne-Tals über Castillon-la-Bataille, wo die Franzosen 1452 ein englisches Heer schlugen und damit die Herrschaft der Briten über Aquitanien beendeten. Ihre zehn Gemeinden bewirtschaften insgesamt 3000 Hektar Reben.

Die Côtes de Francs weiter nördlich sind mit 512 Hektar viel kleiner;

ihre Jahresproduktion liegt bei knapp vier Millionen Flaschen. Die AC umfasst Teile der Gemeinden Francs, Les Salles, St- Cibard und Tayac - ein beschaulicher, entlegener Landstrich, der seit vielen Jahren für guten Bordeaux Supérieur bekannt ist, aber erst jetzt die Beachtung bekommt, die er verdient. Die Weine von den beiden Côtes ähneln in der Regel leichtgewichtigen St-Emilion-Versionen, vor allem in kühlen Jahren, wenn die Trauben nur mit Mühe ausreifen. Viele fielen nur deshalb rustikal aus, weil die Betriebe sich die nötigen Modernisierungen nicht leisten konnten. Man sollte die beiden Anbaugebiete allerdings nicht vorschnell als unbedeutend abtun. Mehrere Châteaux, von denen einige cleveren Investoren von außerhalb wie Stephan von Neipperg oder der Familie Bécot in St-Emilion gehören, beginnen allmählich echten Ehrgeiz zu zeigen und bereiten Wein, der mindestens fünf Jahre reifen muss.

AC Ste-Croix-du-Mont und AC Loupiac

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Die ACs liegen im südlichen Teil der Premières Côtes de Bordeaux gegenüber von Barsac und Sauternes. Von Ste-Croix-du-Mont hat man über die Garonne hinweg einen Blick auf die flacheren Hügel von Sauternes. In der AC herrschen oft dieselben herbstlichen Bedingungen wie beim berühmteren Gegenüber, sodass mit Edelfäule zu rechnen ist. Da die Zone nicht über dieselben perfekten Böden und das Traditionsbewusstsein verfügt, kann sie sich nicht den enormen Arbeitsaufwand leisten, um Weine von höchstem Niveau zu bereiten. Gleichwohl gelingen ihr bemerkenswert oft Gewächse, die mit dem Sauternes-Durchschnitt mithalten können oder sogar besser, auf jeden Fall aber wesentlich preiswerter sind.

Der einzige Unterschied in den Bereitungsbestimmungen zwischen Sauternes und Weinen

vom rechten Ufer ist der zulässige Ertrag: Während die Winzer in Sauternes sich mit 25 Hektoliter pro Hektar begnügen müssen, kann die Konkurrenz gegenüber bis 40 Hektoliter gehen. Weiter entstehen in Ste-Croix trockene Weine von potenziell hoher Qualität und eine geringere Menge leichter roter Bordeaux. Rund 100 Güter teilen sich 429 Hektar, 2004 wurden jedoch nur 324 Hektar für die Ste-Croix-du-Mont-Produktion deklariert.

Loupiac mit 330 Hektar Rebland hat eine nicht so gute Lage und bereitet etwas weniger süße Weine. Die 58 Kellereien füllen nicht alle selbst ab. Ihr Repertoire umfasst auch trockene Rote und Weiße.

AC Graves de Vayres und AC Ste-Foy-Bordeaux

Zum Entre-Deux-Mers-Umfeld gehören zwei kleinere AC-Bereiche, die man mit gallischer Präzision festgelegt hat - den einen auf der Grundlage der Bodenbeschaffenheit und seines Potenzials für Erzeugnisse etwas abseits ausgetretener Weinpfade, den anderen aus politischen Gründen, wie ich vermute.

Graves de Vayres (700 Hektar) liegt gegenüber von Libourne und hat mehr Kies im Boden als andere Zonen der

Umgebung. Leider lädt der Name zu Vergleichen mit Graves ein, denen die AC aber nicht standhält. Ihre Weißen werden mitunter süßer als die in Entre-Deux-Mers gekeltert. Die schnell reifenden Roten stellt man zuweilen wohlmeinend mit schwächeren Pomerol-Versionen auf eine Stufe. Die zweite Appellation, Ste-Foy-Bordeaux (400 Hektar), produziert ähnliche Weine wie Bergerac. Jahrhundertelang holten sich die Holländer hier süße Rebprodukte und Wein für die Destillen. Und doch gibt es auch einige ernsthafte Erzeuger.

Côtes de Bordeaux St-Macaire

Zehn Dörfer hinter Ste-Croix-du-Mont kommen in den Genuss dieser AC für liebliche Weine. Einige finden den Weg nach Belgien. Die als Bordeaux oder Bordeaux Supérieur bereiteten Roten haben viel mehr Bedeutung.

Cérons

Cérons nordwestlich von Barsac erstreckt sich über die drei Graves-Gemeinden Cérons, Podensac und Illats. Die Weine fallen oft moelleux aus, sind also zwischen lieblich und edelsüß einzuordnen. Gelegentlich geraten sie sogar liquoreux. Die bestimmenden Faktoren sind der Herbst und die Bereitung, die sich früher auf Schwefel stützte und zu wünschen übrig ließ.

Dank moderner Methoden sind heute sauberere, bessere Weine möglich.

Die Produktion ist rückläufig, denn die Winzer dürfen statt der riskanten Süßen auch trockenen weißen Graves bereiten, für den höhere Erträge geerntet werden können. 2005 reifte Cérons-Wein nur noch auf 41 Hektar. 20 Erzeuger füllen ihn ab; selbst gelungene Vertreter erzielen nur moderate Preise.

Fast alle werden im Land konsumiert.